: Ein Wendepunkt vor der Wahl
Frankreich Der sozialliberale Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron akzeptiert den Pakt mit den Zentrumspolitiker François Bayrou. Zum Nachteil für François Fillon
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Aus Paris Rudolf Balmer
Bewegung im französischen Präsidentschaftswahlkampf: Der Zentrumspolitiker François Bayrou hat auf eine vierte Präsidentschaftskandidatur verzichtet. Stattdessen bietet er dem Sozialliberalen Emmanuel Macron seine Unterstützung an. Macron hat die Unterstützung sofort ohne weitere Bedingungen akzeptiert. Am Donnerstagmorgen haben sich die beiden Politiker zur Besiegelung ihres Pakts getroffen. Zahlreiche Medien werten das Ereignis als Wendepunkt dieser Wahlen. Macron hatte zuletzt in den Umfragen an Boden verloren.
Zur Erklärung seiner Position hatte Bayrou am Mittwochabend angegeben, dass die Lage Frankreichs dramatisch sei. Die Linke sei durch die Bilanz von François Hollande düpiert. Und die bürgerliche Rechte sei durch Finanzaffären ihres Kandidaten François Fillon moralisch diskreditiert. Viele Wähler wüssten nicht mehr, was sie in dieser Situation tun sollten. Weil die Demokratie durch den Vormarsch der extremen Rechten gefährdet sei, komme für ihn eine zusätzliche Zersplitterung nicht infrage, betonte Bayrou.
Wie Bayrou will auch Macron die traditionelle Spaltung links/rechts überwinden. Beide sind klar proeuropäisch, was in Frankreich Seltenheitswert hat. Beide sind aber auch für eine realistische Finanzpolitik, für liberale Reformen und einen sozialen Dialog. In Wirklichkeit aber hat Macron ganz einfach Bayrous Platz gekapert und ihm keine andere Wahl gelassen. Im Fall einer (vierten) Kandidatur konnte Bayrou mit lächerlichen 5 Prozent rechnen. Darum hat er es vorgezogen, seinen Entscheid als selbstlose und großzügige Geste „im Interesse der Allgemeinheit“ darzustellen und als Partner Einfluss auf das Programm von Macron zu nehmen.
Der 65-Jährige aus dem französischen Südwesten am Rand der Pyrenäen hat große politische Erfahrung. Mit seinen regelmäßigen Kommentaren zur Tagespolitik hat er den Ruf eines Weisen erlangt. Obwohl er und seine Minipartei MoDem an Mandaten und Wahlergebnissen nicht viel darstellen, hat sein Wort Gewicht.
Bayrous Verzicht auf eine Kandidatur wird für Fillon zu einem Problem. Dieser ist durch die „Penelopegate“-Finanzaffäre stark geschwächt. Dieses moralische Handicap hat – mehr noch als die politischen Affinitäten – für Bayrou den Ausschlag gegeben, auf die Karte Macron zu setzen. Bereits 2012 hatte er sich in der Stichwahl für François Hollande und gegen den damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy ausgesprochen, weil Letzterer sich durch seinen Stil diskreditiert hatte. Man versteht es, dass Bayrous Ankündigung im Hauptquartier von Macron Jubel und bei Fillon dagegen Gezeter auslöste. Fillons Sprecher Thierry Solère und Éric Ciotti sind aufgrund der Vorgeschichte von Bayrous „Verrat“ nicht überrascht. Dieser habe „für ein Linsengericht“ mit seiner Allianz „ein zweites Mal Hollande gewählt“, sagten sie. In Umfragen aber liegt Macron wieder vor Fillon im Rennen.
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