MUSIK

MusikThomas Mauchhört auf den Sound der Stadt

Man muss sich ja auch mal trauen, sich etwas weiter aus dem Fenster zu lehnen: Also sage ich auf die möglicherweise vollkommen irrelevante Gretchenfrage nach der bis dato besten deutschen Pop-Band ever: Faust.

Wobei man gleich mal darüber streiten kann, ob man es bei dieser Band mit ihrer Trümmermusik tatsächlich mit Pop zu tun hat. Auch wenn das der anfänglich eng mit der Band verbandelte Uwe Nettelbeck schon als Pop gehört haben wollte, als der des großbürgerlichen Feuilletons überdrüssig gewordene Journalist der Band einen Plattenvertrag bei Polydor und einen Rückzugsort auf dem Land an der Wümme besorgte, wo die Musiker machen durften, was sie wollten und zu jeder Zeit, weil immer ein Toningenieur im eigens eingerichteten Tonstudio bereit stand für die Aufnahmen.

Gleich mit ihrem ersten Album präsentierten Faust 1971 dann ein musikalisches Kauderwelsch aus Pop-Bruitismus, selbst gebastelter Neuer Musik und Irgendwie-Rock, so irr und so wirr, dass man das damals einfach nicht verstehen konnte, wieso ausgerechnet so was von Uwe Nettelbeck als die Zukunft verkauft werden wollte und als das neue Ding aus Deutschland.

War aber das neue Ding! Als Krautrock wurde das bis heute als einer der interessanteren Beiträge zur allgemeinen Popgeschichte durchgereicht – gerade, weil das durchaus krude und rechtschaffen kakofonisch sein konnte. Also eine Musik, die einen gar nicht in Ruhe lassen will. Auch wenn Faust selbst zwischendurch abtauchten und sich Anfang der Neunziger wieder eindrücklich zurückmeldeten mit einer weiterwütenden Collagenmusik. Die man im neuen Jahrtausend sogar doppelt haben konnte, weil es da nach einer Aufspaltung plötzlich zwei Faust-Unternehmen gab. Nur eine weitere Verwirrung in einem Kosmos, der nicht so einfach ausrechenbar bleibt.

Wie das heute klingt? Kann man am Freitag im Collegium Hungaricum hören, wenn Faust (hier mal Werner „Zappi“ Diermaier und Jean-Hervé Péron) zusammen mit dem ungarischen Noisemusiker und Klangkünstler Zsolt Sörés das Kraut-und-Rüben-Prinzip der Musik durchdeklinieren (Dorotheenstr. 12, 20 Uhr, Eintritt frei).

Als einen gegenwärtigen Entwurf von Krautrock kann man, mit der Forcierung der repetitiven und trancehaften Anteile, Radian hören, ein Trio aus Wien, seit 1996 tätig, das seine pulsierende Konferenzschaltung aus Störgeräuschen und Testtönen am Montag im Roten Salon vorstellt (Rosa-Luxemburg-Platz, 21 Uhr, 17 €).

Das Kraut mit einem Popbewusstsein in die psychedelische Richtung ausgespielt hat man schließlich am Mittwoch mit Cairobi im Auster Club (Pücklerstr. 34, 20 Uhr, 12 €).