: Bildungsproteste weiten sich aus
UNIS Heute beginnt der Bildungsstreik mit einer Großdemonstration – 10.000 werden erwartet
Unibesetzungen und Demonstrationen für ein besseres Bildungssystem waren in den vergangenen Wochen in deutschen Städten ein oft gesehenes Bild. Jetzt soll auch in Berlin eine Welle der Proteste starten. Für den 17. November, den internationalen Aktionstag für bessere Bildung, ist eine Demonstration am Roten Rathaus geplant. Gleichzeitig ruft das Bündnis „Bildungsblockaden einreißen“ zum Streik von Schülern und Studenten auf, um den Unmut über das Bildungssystem kundzutun.
Das Feld der Sympathisanten reicht von Gewerkschaften über Parteien bis hin zu linksradikalen Vereinigungen. „Trotz der ganz unterschiedlichen Positionen der Unterstützer sehen wir große Einigkeit in den Forderungen nach einem grundsätzlich umstrukturierten Bildungssystem“, sagt Florian Bensdorf, Sprecher des Bündnisses, der taz.
Anders als im Vorjahr wird neben einer Vielzahl von Schülern auch eine höhere Beteiligung von Studenten am Bildungsstreik erwartet. „Es ist uns gelungen, auch immer mehr Studenten für den Streik zu gewinnen, die Proteste in Österreich stecken einfach an!“, erklärt Joshua E., Mitglied im Berliner Bündnis.
Es sind zudem zahlreiche Möglichkeiten gegeben, sich am Protest zu beteiligen. Nicht nur gibt es den Aufrauf zur Teilnahme an der Demo, es bestehen auch viele Arbeitsgruppen, über die die Forderungen nach einem gerechteren Bildungssystem unterstützt werden können. Viele wurden eigens zu diesem Zweck gegründet. „Wir sind sehr basisdemokratisch organisiert, jeder hat die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen“, so Paula Rauch, Pressesprecherin des Bündnisses für Berlin gegenüber der taz.
Wer aktiv werden möchte, kann über die Internetseite des Bündnisses Kontakt zu den Streikenden aufnehmen (www.bildungsstreik.net & www.bildungsstreik-berlin.de). Für Berlin wird auch gebeten, zum Zeichen der Unterstützung einen Besuch in den besetzten Hörsälen der FU und HU abzustatten.
Die Forderungen aus dem Sommer, als 270.000 SchülerInnen und StudentInnen auf die Straße gingen, sind nach wie vor aktuell: Weiterhin fordert das Aktionsbündnis ein gerechteres Schulsystem durch Einführung der Gemeinschaftsschule und Beendigung der Repression gegenüber Schülern und Studenten, wie sie sich zum Beispiel durch Anwesenheitskontrollen an den Universitäten ausdrückt. Die Bachelor/Master-Studiengänge sollen reformiert oder besser ihre Einführung soll gleich wieder rückgängig gemacht werden. Zudem machen sich die Protestierenden für kleinere Klassen und weniger Leistungsdruck stark und fordern die Rückkehr zu einer gymnasialen Schulzeit von neun statt acht Jahren.
Eine weitere Forderung lautet, kleinere Klassen einzuführen und mehr Personal anzustellen. „Die neoliberale Sparpolitik verschärft die Missstände im Bildungssystem. Dagegen wollen wir gemeinsam angehen“, erklärt Bensdorf.
Hintergrund der wiederholten Proteste ist auch, dass die Politik wenig Interesse für die streikenden Studis und Schüler zeigt. Man habe großenteils Ignoranz erfahren, erklärt ein Mitglied der Grünen-Hochschulgruppe der FU, deshalb wolle man dafür kämpfen, dass eine gesellschaftliche Debatte zur aktuellen Bildungslage stattfindet.
Überwiegend stehen die Gruppen hinter den bundesweiten Forderungen, jedoch bestehen auch besondere Forderungen für Berlin: die Abschaffung der zentralen Schülerdatei, die nicht nur Name und Geburtsdatum, sondern auch speziellen Förderbedarf des Schülers sowie die Staatsangehörigkeit erfasst, sowie die Beendigung des zweigliedrigen Schulsystems in Berlin, das laut dem Aktionsbündnis die sozialen Spannungen in der Stadt weiter verschärfe.
Wegen der geringen Vorbereitungszeit wird kein Anstieg bei der Zahl der Demoteilnehmer erwartet, trotzdem rechnet „Bildungsblockaden einreißen“ mit etwa 10.000 protestierenden Schülern und Studenten in Berlin. Das Engagement der Schüler und Studierenden für ein besseres Bildungssystem wird sich jedoch aller Voraussicht nach fortsetzen. „Alle werden gebeten, dauerhaft aktiv zu werden und durchzuhalten. Auch die Besetzung der Hörsäle von FU und HU darf nicht beendet werden“, fordert Paula Rauch, denn auf viel Verständnis seien die Wünsche der Demonstranten bislang nicht gestoßen, das müsse sich nun ändern! VALENTIN BRASE
■ Die Demo:
Heute, 17. 11. 2009, Start: 11 Uhr
Spandauer Straße Ecke Karl-Liebknecht-Straße (Rotes Rathaus Berlin)
■ Protest an der FU:
Infoplenum 12 Uhr (täglich) Großes Plenum 18 Uhr (täglich)
im Seminarzentrum in der Silberlaube, U 3 Dahlem-Dorf
■ Protest an der HU:
Ganztägig buntes Programm im besetzten Audimax
Großes Plenum 18 Uhr
■ Im Netz: