Korruption in Rumänien: Amtsmissbrauch wird weniger strafbar
Per Eilverordnung hat die Regierung die Strafverfolgung eingeschränkt. Zehntausende demonstrieren dagegen. Präsident Iohannis spricht von einem „Trauertag“.
Der bürgerliche Staatspräsident Klaus Iohannis sprach daraufhin von einem „Trauertag“ und einem Schlag gegen den Kampf gegen Korruption. Generalstaatsanwalt Augustin Lazar forderte in der Nacht zum Mittwoch, dass die Verordnung vor dem Verfassungsgericht angefochten wird.
Kurz nach Iordaches Bekanntmachung füllte sich der Platz vor dem Regierungssitz mit mehr als 10.000 Demonstranten. Sie verlangten den Rücktritt der Regierung und harrten dort bei minus sieben Grad Celsius stundenlang aus, bis weit nach Mitternacht. Auch in anderen Städten kam es zu Protestkundgebungen. Eine weitere Hochburg war die siebenbürgische Universitätsstadt Cluj mit etwa 10.000 Teilnehmern nach Angaben der Polizei.
„Der Rechtsstaat hat von den Gegnern der Justiz, der Gerechtigkeit und des Kampfs gegen Korruption einen schweren Schlag bekommen“, schrieb Iohannis bei Facebook. Der Schritt der Regierung kam überraschend, denn das Thema stand nicht auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung, die vorab bekanntgegeben wurde. Rumäniens Justizbehörden sowie viele Bürgerrechtsorganisationen hatten sich gegen die Regierungspläne ausgesprochen.
Nach der Neuregelung soll der Amtsmissbrauch nur dann mit Gefängnis bestraft werden können, wenn der dadurch entstandene Schaden mindestens 200.000 Lei (rund 50.000 Euro) beträgt, sagte Iordache. Den ursprünglichen Plan, die Strafverfolgung davon abhängig zu machen, dass der Geschädigte klagt, habe man fallengelassen.
Führender Sozialist vor Gericht
Noch in der Nacht zum Mittwoch wurde die umstrittene Verordnung im Gesetzblatt veröffentlicht. Eilverordnungen treten sofort in Kraft und haben unumkehrbare Folgen, selbst wenn das Parlament sie später außer Kraft setzt. Damit soll nach Meinung von Kritikern der Vorsitzende der mitregierenden Sozialisten (PSD), Liviu Dragnea, geschützt werden, der unter dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs mit einem Schaden von 100.000 Lei vor Gericht steht. Eine erste Verhandlung in diesem Prozess fand am Montag in Bukarest statt.
Der ursprüngliche Plan, eine bestimmte Kategorie von Häftlingen auch per Eilverordnung zu begnadigen, wurde unterdessen fallengelassen. Stattdessen soll dieses Projekt als normaler Gesetzesentwurf dem Parlament vorgelegt werden.
Die Regierung begründet diesen Amnestieplan mit der Notwendigkeit, die überfüllten Gefängnisse zu entlasten. Auf Rumänien kämen hohe Entschädigungszahlen zu, die der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg wegen schlechter Haftbedingungen verhängen könne, hieß es. Die Regierungsgegner halten dies hingegen für eine Hintertür zur Haftentlassung von Personen, die wegen Korruption verurteilt wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher