Die Gesellschaftskritik: Nachricht von Frank
WAS SAGT UNS DAS? Frank Schirrmachers Twitter-Account wurde gehackt
Der ehemalige Mitherausgeber der FAZ, Frank Schirrmacher, ist am 12. Juni 2014 gestorben. Umso überraschter war vorgestern die Twitter-Gemeinde, als er sich doch wieder zu Wort meldet. Sein Account @fr_schirrmacher retweetete diverse Beiträge. Schirrmachers Geist schien etwas gegen die Women’s Marches in den USA zu habe und gern Remixes von Mariah-Carey-Liedern zu hören. Dass es sich um einen Hack des Accounts handelte, war schnell klar.
Inzwischen ist der Spuk beendet. Die FAZ hatte sich laut dem Kurznachrichtendienst bei Twitter gemeldet. Daraufhin wurde der Account zuerst gesperrt, am selben Abend wurde auch der Spam gelöscht. Was bleibt, ist die Frage, wie wir mit dem Tod im Netz umgehen. Twitter hat für den Todesfall von Nutzern eigentlich Vorkehrungen getroffen: Familienangehörige oder Erben können den Tod melden und den Account löschen lassen. Auch andere Social-Media-Plattformen haben derartige Regeln. Aber dazu muss man auch erst mal ans Netz denken, wenn ein Mensch stirbt.
Bei Facebook kann ein Account sogar in einen „Gedenkzustand“ versetzt werden, der es Freunden ermöglicht, weiterhin mit dem Account zu interagieren, den Verstorbenen also namentlich mit Bildern zu verlinken oder an dessen Pinnwand zu schreiben. Es scheint: Das Internet gehört mittlerweile so sehr zum Leben, dass es auch über den Tod hinaus wichtig bleibt. Das schafft eine neue Erinnerungskultur. Theoretisch kann man sogar einen Chat-Bot einrichten, einen Algorithmus also, der in der Lage wäre, auf Fragen zu antworten – in ähnlicher Sprache und mit ähnlichem Inhalt, wie es der oder die Tote getan hätte.
Was für einige Hinterbliebene tröstlich sein kann, betrachtet die Popkultur kritisch: In einer Folge der US-Fernsehserie „Black Mirror“ chattet und telefoniert die Protagonistin mit ihrem toten Mann so lange und intensiv, dass sie schließlich an diesem imitierten Leben zerbricht.
Johannes Drosdowski
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