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Archiv-Artikel

Homo-Witze im Gericht

AUSFÄLLE Im Prozess gegen rechtes Internetradio hetzen Zuschauer und Anwälte gegen Wowereit

Eine Gruppe schwarzgekleideter Neonazis steht im Kriminalgericht Moabit auf dem Gang und amüsiert sich köstlich. Darunter die Frontfrau der unlängst vom Innensenator verbotenen rechtsextremen Kameradschaft „Frontbann 24“, Gesine Hennrich. Das Gespräch dreht sich um den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Außenminister Guido Westerwelle. Hennrich macht eine Handbewegung, die wie ein ausladender Busen aussieht. Gesprächsfetzen wie „Schwesterwelle“ und „neue Außenministerin“ wabern durch den Gang, gefolgt von grölendem Gelächter.

Hennrich und ihre Kameraden sind Zuschauer im Prozess gegen sieben mutmaßliche Betreiber des rechtsextremen Internetsenders European Brotherhood Radio (EBR). Den fünf Männern und zwei Frauen wird Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Zu den 250 Straftaten, die ihnen zur Last gelegt werden, gehören Volksverhetzung und Anstiftung zum Rassenhass. Das Internetradio „von Nationalen für Nationale“ war seit 2006 in Betrieb.

Wie berichtet hat ein Teil der Angeklagten am Montag zu Prozessbeginn Teilgeständnisse abgelegt. Die anderen zogen nun nach. Lediglich Sandra F. will sich erst später äußern. Das Pikante: Die Frau aus Soltau hat mit dem niedersächsischen Verfassungsschutz kooperiert und soll dafür monatlich 300 Euro bekommen haben. Auf Antrag ihres Verteidigers ist für den 26. November der Chef des niedersächsischen Verfassungsschutzes als Zeuge geladen. Der Anwalt argumentiert, seine Mandantin habe geglaubt, ihre Arbeit sei „von Staats wegen“ genehmigt gewesen.

Das Gericht hat den Angeklagten signalisiert, bei glaubwürdigen Geständnissen könnten sie auf Bewährungsstrafen hoffen. Entsprechend locker ist am Dienstag die Stimmung – nicht nur bei den Zuschauern. Der Verteidiger Thomas Jauch fragt seinen Mandanten auf dem Gang deutlich vernehmbar, ob er die Fingernägel des Gerichts-Protokollanten gesehen habe. Der glatzköpfige Angeklagte nickt. Der Protokollant hat ein Zöpfchen und lange, künstliche Nägel. „Na, bei dem Oberbürgermeister“, mokiert sich der aus Sachsen-Anhalt kommende Jauch über Klaus Wowereits Homosexualität. „Wie der Herr, so ’s Gescherr.“ PLUTONIA PLARRE