Berlinmusik: Kopfloser Humanoid
Guter Pop kann entzückend einfach sein. Zum Beispiel im Falle von Robot. Zu Zupfgitarre und Streichern singt Robot da im Stück „Head“ die allzu verständlichen Zeilen: „Head / I need another head / This one says there’s something wrong/ I guess I’ll take it down and go / ahead / and sell it to another boy / or a head collector to enjoy (…).“ Da fühlt man sich doch sofort gut aufgehoben – wer wollte nicht schon mal seinen Kopf gegen einen anderen eintauschen?
Dieser ebenso schön gesungene wie getextete Song befindet sich auf dem kommende Woche erscheinenden Debütalbum von Robot. „33.(3)“ heißt es – wie der Titel dies vermuten lässt, ist es auch als Langspielplatte erhältlich. Wer Robot ist? Nun, er/sie wird vom Label als „britischer Humanoid“ vorgestellt, der/die in Berlin gestrandet ist – im Clip zum ersten Video „The Night Is Made For Two“ macht es den Eindruck, dass Robot sich sowohl als Mann als auch als Frau versteht, jedenfalls spielt der/die Künstler/in da mit Geschlechterrollen.
Sicher ist, dass die Musik wenig Roboterhaftes an sich hat und der Name diesbezüglich in die Irre führt. Im Gegenteil, die acht Stücke sind süßlich-harmonische Hymnen, oft auf Klavierakkorden basierend, manchmal mit Streichern verstärkt. Entsprechend spielerisch und orchestral kommen sie rüber, man könnte sie sich gut im Rahmen eines Musicals vorstellen. Die Ästhetik der Songs erinnert an David Bowie, Belle & Sebastian oder Badly Drawn Boy. Oder aber an Animal Collective minus Elektronik (oder wäre man dann eh bei den Beach Boys?).
Inhaltlich ist „33.(3)“ so schön reduziert, wie die Verse im Song „Head“ es schon andeuten. Die Stücke tragen Namen wie „Bones“, „Girls“, „Pigs“ oder „Animals“ – wobei Pink Floyd, an die man sich bei den Songtiteln erinnert fühlt, nicht ganz die richtige Referenz wäre. Robot erzählt kleinen Geschichten in den Songs, das einführende „Bones“ etwa behandelt die menschliche Anatomie, während „Anger“ ein Zwiegespräch mit der eigenen Wut ist und „Pigs“ auf angenehm unmoralische Weise vom Tierverzehr erzählt. Und in „Tru Luv“ geht es – nun, das kommt jetzt nicht ganz so überraschend – um die große Liebe, das Stück würde musikalisch gut in eine Abendrevue passen. Ein gelungenes Debüt, dessen einziges Manko es ist, dass es durchgängig im Midtempo dahinfließt und keine größeren Ausreißer zulässt. Jens Uthoff
Robot: „33.(3)“ (Impression Recordings). Record-Release-Party bei der Lofi-Lounge im Schokoladen, 1. 2., 19 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen