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Countdown zum Einmarsch an Afrikas Westspitze

Gambia Wahlsieger Adama Barrow wartet in Senegal auf sein Amt, dazu Tausende Flüchtlinge

BERLIN taz | Nach dem Scheitern eines regionalen Vermittlungsversuchs zur Entschärfung der politischen Krise in Gambia sieht alles nach einer bevorstehenden Kraftprobe zwischen den Staaten Westafrikas und dem gambischen Präsidenten Yahya Jammeh aus. Jammeh erkennt seine Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen vom 1. Dezember 2016 nicht an. Am Donnerstag soll er seinen Posten zugunsten des Wahlsiegers Adama Barrow räumen, wird es aber voraussichtlich nicht tun.

Barrow ließ sich am Wochenende auf dem franko-afrikanischen Staatengipfel in Mali von den anderen Präsidenten bewundern und begab sich dann nicht wieder nach Hause, sondern nach Senegal, dessen Staatsgebiet Gambia vollständig umschließt. Zuvor hatten die Präsidenten von Nigeria und Liberia, Muhammadu Buhari und Ellen Johnson Sirleaf, vergeblich versucht, Jammeh bei Gesprächen in Gambia zum Einlenken zu bewegen. Nigeria hat ihm Asyl in Aussicht gestellt.

Es gibt nun die Option, dass westafrikanische Eingreiftruppen Barrow von Senegal aus in Gambia als Präsidenten installieren, sollte Jammeh hart bleiben. Nigeria hat Berichten zufolge eine Eingreiftruppe von 800 Mann zusammengestellt. Auf Freunde dürfte der scheidende Präsident nicht zählen können: Die westafrikanische Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft), die Afrikanische Union (AU) und die Organisation der Islamischen Konferenz (IOC) haben alle Jammeh aufgefordert, das Wählervotum zu respektieren und die Macht abzugeben. Die Ecowas steht bereit, beim UN-Sicherheitsrat um eine Militärintervention zu bitten.

Aus Angst vor einer militärischen Konfrontation bringen unterdessen immer mehr Gambier ihre Familien in Senegal in Sicherheit. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtet, zahlreiche Busse aus Gambia hätten in den vergangenen Tagen die Grenze überquert. Sie seien voll mit Kindern in Begleitung einiger Frauen. Mehrere Tausend Menschen hätten auf diesem Weg bereits Schutz in Senegal gesucht. Viele von ihnen seien in Gambia lebende Bürger anderer westafrikanischer Länder, die davon ausgehen müssen, im Falle eines westafrikanischen Truppeneinmarschs Opfer von Repressalien der gambischen Armee zu werden.

Dominic Johnson

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