heute in Bremen
: „Wie im falschen Film“

vortrag Yvette Karro erläutert, wie man mit traumatisierten Kindern umgehen sollte

Yvette Karro

Foto: privat

48, ist Soziologin, Sozialpädagogin und Traumafachberaterin.

taz: Frau Karro, was sind Ursachen für Traumatisierungen?

Yvette Karro: Ein Trauma muss nicht durch Krieg oder Flucht ausgelöst werden. Es entsteht, wenn ein Mensch sich in einer hochbelastenden Situation absolut hilflos gefühlt hat. Ein Kind kann beispielsweise einen Krankenhausaufenthalt so empfinden.

Wie kann ein Laie erkennen, ob ein Kind traumatisiert ist? Es gibt Hinweise, die auf Traumata hindeuten. So kann es sein, dass ein vorher unauffälliges Kind plötzlich sehr unruhig wird und nicht mehr stillsitzen kann. Eine Verschlechterung der Schulnoten und eine auffällige Vergesslichkeit können auch Anzeichen sein. Einige Kinder entwickeln ein Vermeidungsverhalten, bestimmte Orte werden gemieden oder Kontakte nicht gepflegt. Auch Schlafstörungen und klammerndes Verhalten gegenüber Bezugspersonen sind auffällig. Ein weiteres Alarmzeichen sind plötzliche Ausraster, deren Auslöser zunächst nicht erkennbar sind. Das Kind verhält sich auf einmal wie im falschen Film.

Was sind die Auslöser für ein solches Verhalten?

Das kann alles sein, dass das Kind an das Erlebte erinnert. Bestimmte Farben, Geräusche oder Worte können das Kind in die hochbelastende Situation zurückversetzen.

Wie sollen Erwachsene reagieren, wenn Kinder sich plötzlich anders verhalten?

Eltern, Lehrer oder Erzieher müssen zunächst gut beobachten, in welchen Situationen sich das Kind ungewöhnlich verhält. Das Kind kann sich sein Verhalten häufig selbst nicht erklären und kann auch den Grund für das Trauma nicht benennen. Wenn Anzeichen für ein Trauma vorliegen, empfehle ich einen sensiblen Umgang mit dem Kind. Direkte Reaktionen wie Standpauken, Aufmerksamkeitsentzug oder Strafen sind keine Lösung. Wer vermutet, dass ein Kind traumatisiert ist, sollte den Schulpsychologen oder eine Beratungsstelle aufsuchen. Die Auflösung des Traumas und nicht erzieherische Maßnahmen sollte die Lösung sein.

Interview: Vanessa Reiber

19 Uhr, Haus der Wissenschaft