US-Offensive an der syrischen Grenze

Amerikanische Soldaten versuchen, die Nachschubwege der Aufständischen im Irak zu unterbrechen. Eine Studie kommt dagegen zu dem Schluss, dass eine Schließung der 600 Kilometer langen Wüstengrenze auch nicht viel ändern würde

VON KARIM EL-GAWHARY

Die US-Offensive mit dem Codenamen „Eiserne Faust“ im Westen des Iraks an der syrischen Grenze hat drei Tage nach ihrem Beginn nur wenig Erfolg vorzuweisen. Bei Hausdurchsuchungen in dem 2.000-Seelen-Dorf Saada wurden bisher zwar einige Waffenlager, aber nur wenige ausländische Kämpfer entdeckt. Sie sollen den Ort angeblich als Basis für ihre Operationen im ganzen Land genutzt haben. Die Offensive wurde inzwischen auf die umliegenden Dörfer ausgeweitet. „Ich glaube, al-Qaida hat sich vor unserem Angriff aus dem Staub gemacht“, meint dazu ein US-Hauptmann vor Ort gegenüber der Washington Post. Ammar al-Marsoumi, ein Arzt am Krankenhaus im benachbarten al-Qaim, sagte im arabischen Fernsehsender al-Dschasira: „Einige Menschen, meist Frauen und Kinder, wurden getötet, aber wir wissen noch nicht genau, wie viele, da die Straßen gesperrt sind.“

Die Offensive war am Wochenende eingeleitet worden, um die Nachschubwege der Aufständischen aus Syrien zu unterbrechen. Auch am Wochenende kam es wieder zu Anschlägen auf irakische Politiker: gestern entging Ölminister Ibrahim Bahr al-Uloum in Bagdad knapp einem Anschlag; am Vortag wurde ein ranghoher Mitarbeiter des Bauministeriums erschossen.

An der Heimatfront versuchen die US-Generäle unterdessen, Optimismus zu verbreiten. „Es gibt Gipfel und Täler, durch die wir durchmüssen, doch der Trend ist positiv“, erklärte der Chef des Zentralkommandos, General John P. Abizaid, in einer Talkshow im US-Fernsehen. General George Casey, der zu Hause für die in das Zweistromland entsandten Truppen zuständig ist, sah die „irakischen Truppen, die die US-Armee langfristig ersetzen sollen“, in einer anderen Talkshow „auf dem richtigen Weg“. Noch am Donnerstag hatten die Generäle allerdings dem US-Kongress erklärt, dass die Zahl der irakischen Bataillone, die unabhängig von den US-Truppen die Aufständischen bekämpfen können, von drei auf eines gesunken sei. Nur 750 irakische Soldaten könnten derzeit diese Rolle erfüllen. Auf die Frage in einer CNN-Talkshow, ob die fast 2.000 im Irak gefallen US-Soldaten umsonst gestorben seien, antwortete Casey mit einem vorsichtigen: „Darüber mache ich mir derzeit keine Gedanken. Noch sind wir nicht an diesem Punk angelangt – noch nicht.“

Im Zusammenhang mit der jüngsten US-Offensive erhebt sich die Frage, welchen Einfluss eingesickerte arabische Kämpfer auf die Lage im Irak wirklich haben. Das renommierte „Zentrum für Strategische und internationale Studien“ (CSIS) in London kommt in einer neuen Untersuchung zu dem Schluss, dass auch eine vollständige Schließung der Grenzen die Schlagkraft der Aufständischen nicht maßgeblich verändern würde. Nur etwa 4 bis 10 Prozent der auf 30.000 geschätzten Aufständischen seien ausländischen Kämpfer.

Darunter sollen Algerier mit 20 Prozent die größte Gruppe ausmachen, gefolgt von Syrern (18 Prozent), Jemeniten (17), Sudanesen (15) und Ägyptern (13). Die saudische Beteiligung werde meist übertrieben und mache nicht mehr als 2 Prozent aus. Die meisten Kämpfer sickerten über die syrische Grenze ein. In einem Dschihad-Internet-Forum werden deren Vorzüge für die Mudschaheddin gepriesen. Die enge Verbindung der sunnitischen Stämme auf beiden Seiten der Grenze sei ebenso von Vorteil wie die zahlreichen überall verstreuten unübersichtlichen kleinen Dörfer. „Es ist gerade mal ein halbstündiger Fußmarsch in den Irak“, versucht die Webseite den Grenzübergang anzupreisen. Eine weitere Empfehlung lautet: „Rasiert euch die Bärte und nehmt Zigaretten mit.“ Konservative radikale Islamisten gelten als Nichtraucher.

Die CSIS-Studie hält Syrien zugute, dass die Unterbrechung des Verkehrs entlang der 600 Kilometer langen Wüstengrenze zwischen Syrien und dem Irak „äußerst schwierig, politisch brisant und ein echte operative Herausforderung“ sei.