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Archiv-Artikel

Aufklärung im Regen

GESCHICHTE Wie die Jugend über die Roten Khmer informiert wird

VON SASCHA ZASTIRAL

Mehr als tausend Arbeiterinnen und Arbeiter strömen auf den großen Platz vor ihrer Textilfabrik in Sihanoukville, rund 250 Kilometer von Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh entfernt. Die meisten von ihnen sind jung, im Teenageralter oder in den zwanzigern. Sie haben eine Stunde früher freibekommen, damit sie sich die Veranstaltungen anschauen können.

Vor ihnen steht Neth Pheaktra. Der 32-Jährige ist für die Öffentlichkeitsarbeit am Roten-Khmer-Tribunal in Phnom Penh zuständig. Dort wird derzeit das Verfahren gegen die drei noch lebenden ranghöchsten Anführer der Organisation verhandelt. Die Mitarbeiter des Gerichts fahren Woche für Woche durchs Land. Sie gehen in Dörfer und an Schulen und erklären den Menschen die Arbeit des Tribunals.

In vielfacher Hinsicht betreibt das Gericht damit Aufklärungsarbeit. Zwar haben auch alle jungen Kambodschaner von der Schreckensherrschaft der Roten Khmer gehört. Doch erst seit Kurzem wird an den Schulen darüber unterrichtet. Auch in Sihanoukville sagen viele junge Kambodschaner, dass sie gar nicht genau wissen, was sich damals alles abgespielt hat.

„Heute werden wir zum ersten Mal mit Textilarbeitern sprechen“, sagt Neth Pheaktra. Diese hätten vor lauter Arbeit meist keine Zeit, sich zu informieren. „Daher ist das eine gute Gelegenheit für uns, ihnen zu erklären, was damals passiert ist. Und ihre Fragen zum Tribunal zu beantworten.“ Neben ihm haben Mitarbeiter eine Leinwand aufgebaut. Nach jedem Vortrag zeigen sie Dokumentarfilme über die Zeit der Roten Khmer.

Neth Pheaktra mustert kritisch die dunklen Wolken, die am Horizont aufziehen. Dann nimmt er das Mikrofon in die Hand. Die Veranstaltung beginnt. Er spricht über die Geschichte der Roten Khmer, erklärt seinen jungen Zuhörern die Arbeit des Gerichts. Dann zeigt er ihnen Plakate mit den Fotos der Angeklagten und erklärt, welche Funktion diese im damaligen Regime hatten. Gerade, als Neth Pheaktra beginnen möchte, einen Dokumentarfilm über die Roten Khmer zu zeigen, bricht ein gewaltiger Regenschauer über das Gelände herein. Nach einigen Minuten wird klar, der Regen wird länger anhalten. Neth Pheaktra muss die Präsentation abbrechen.

Neth Pheaktra sagt, ihm sei seine Arbeit enorm wichtig. „Ich opfere viel, um diese Arbeit machen zu können.“ Er sei sehr viel unterwegs und könne dann oft nachts nicht schlafen. Das nehme er aber in Kauf. „Denn es ist im Interesse der Menschen in Kambodscha.“