Zur Sache, Schätzchen

DESIGN Er ist nicht leicht zu finden, aber es gibt ihn – auch in Berlin: schönen Schmuck, der fair und nachhaltig produziert wurde

■ Jellah, erhältlich bei Fair Queen, Monbijouplatz 4 (Mitte), www.jellah.com

■ Felicious Jewellery, Schröderstraße 14 (Mitte), www.felicious.com

■ Oldgold, erhältlich bei Upcycling Fashion Store, Linienstr. 77, (Mitte), www.oldgold-berlin.de

■ Rita in Palma, Kienitzer Str. 101 (Neukölln), www.ritainplama.com

VON ULRIKE SCHATTENMANN

Sadike sitzt auf dem Sofa und lässt geschickt türkises Garn aus einer Spule durch ihre Finger laufen, während Ann-Kathrin Carstensen bespricht, was heute anfällt: „Neue Swarovski-Steine sind gekommen, das Design des Kragens muss noch mal verändert werden, und guck mal, wir sind wieder in der Zeitung.“ Sadike hört konzentriert zu, die Augen auf ihre Hände gerichtet, die immer in Bewegung sind. Sie ist eine der türkischen „Häkelköniginnen“, wie sie Carstensen nennt, Frauen, die Muster knüpfen können wie hierzulande keine: hauchdünn wie ein Netz aus Spinnenseide, kunstvoll wie Ornamente in einer orientalischen Moschee.

Die Häkelarbeiten sind das Markenzeichen von Rita in Palma, dem Accessoire-Label, das die Mode-Designerin Ann-Kathrin Carstensen vor zwei Jahren gegründet hat. Das Sortiment umfasst filigrane Zierkragen in Pastellfarben, dreieckige Anhänger und Schleifchen, die an langen Gold- und Silberketten baumeln, Colliers aus Blüten, aufwändig mit Glitzersteinchen verziert. Gerade hat die Zeitschrift Vogue dem Label eine ganze Seite gewidmet, was einem Ritterschlag in der Branche gleichkommt.

Die Veredelung von traditioneller Handarbeit zu High Fashion trifft den Zeitgeist, aber Rita in Palma ist noch aus einem anderen Grund bemerkenswert. Denn hinter dem Projekt steckt ein sozialer Anspruch: Türkische Frauen bringen ihre Fertigkeiten ein, bekommen dafür Honorar und vor allem Wertschätzung. „Anfangs habe ich das Design vorgegeben, aber inzwischen machen die Frauen Vorschläge, bringen neue Muster mit und wir diskutieren zusammen die Entwürfe“, sagt Carstensen. Für den sozialen und integrativen Ansatz wurde Rita in Palma dieses Jahr von der Bundeskanzlerin ausgezeichnet.

Die Initiative ÖkoAndina setzt sich für umweltverträglichen und fairen Edelmetallabbau ein

Es ist gar nicht so einfach, schönen Schmuck zu finden, der korrekt produziert wurde. Während sich das Segment Green Fashion langsam, aber sicher einen festen Platz in der Textilindustrie erobert und nicht nur Designerlabel, sondern auch Massenhersteller wie H&M Strategien zur Nachhaltigkeit entwickeln, steckt man in der Schmuckbranche noch in den Kinderschuhen. Es gibt keine verbindlichen Standards und Siegel, an die man sich halten kann. Und nur wenige Lieferanten, die Edelmetalle und Edelsteine aus unbedenklicher Herstellung verkaufen. Das macht es für kleine Labels und handwerkliche Betriebe kompliziert und teuer, auf „grünes Gold“ umzusteigen.

Die Goldschmiedin Felicitas Seidler hat lange Zeit Material von einer argentinischen Mine bezogen, in der das Gold ohne den Einsatz von giftigen Chemikalien gelöst wird. „Aber plötzlich musste ich bei dem Lieferanten immer eine Mindestmenge von 20 Gramm bestellen, das lohnte sich für mich nicht mehr“, sagt die Designerin. Ein weiteres Problem: Das Material lag nur als Feingold vor, nicht als Legierung oder Draht – ideal, um daraus Trauringe zu schmieden, aber ungeeignet für die grafisch-reduzierten Schmuckserien, die zierlichen Ringe und feinen Ketten mit den schlichten Glassteinen, wie sie Seidler entwirft.

Aber bald ist man auch in der Schmuckbranche einen Schritt weiter. „Der Bedarf ist da und wächst“, sagt Werner Herget, Geschäftsführer des Vereins ÖkoAndina, einer Initiative, die sich für umweltverträglichen und fairen Edelmetallabbau einsetzt. Im Moment arbeite man daran, finanzielle Grundlagen dafür zu schaffen, beständig Ökogold anzukaufen. Und das deutsche Siegel für Fair Trade Gold soll Ende des nächsten Jahres kommen.

In der Schmuckbranche gibt es keine Ökostandards und -siegel, an die man sich halten kann

Bis dahin können bewusste Konsumenten sich auch an Schmucklabels halten, die mit recyceltem Material arbeiten. Manches erscheint erst einmal kurios, etwa die Idee, ausgediente Kaffeekapseln in Schmuckstücken zu verarbeiten, wie es das Label oldGold macht. Aber die Broschen, Anhänger, Ohrringe und Armbänder sehen witzig aus und gar nicht so aus ausgefallen wie erwartet. Sie sind teilweise durch Süßwasserperlen und feinen Silberdraht ergänzt und glänzen silber-, gold- und bronzefarben – in allen Schattierungen der Nespresso-Cups.

Ziemlich schick und trendig kommt das Recycling-Label Jellah daher. Designerin Jessica Strzys verarbeite Lederreste zu Schmuckstücken. „Das Material bleibt bei der Produktion von orthopädischen Schuhen übrig, ich beziehe es von einem Werk in Kreuzberg“, erzählt Strzys, die vor kurzem ihr Architektur-Studium beendet hat. Die roten, blauen, schwarzen, olivfarbenen Lederstücke schneidet und stanzt sie in Handarbeit zu langen Streifen oder kleinen Kreisen, arrangiert sie anschließend kunstvoll und hängt sie schließlich an zartgliedrige vergoldete oder Silberketten. Die Kombination aus echtem Leder und Edelmetall wirkt edel und lässig zugleich – ideal für alle, die gern schlichte T-Shirts und Pullover etwas aufpeppen.