: Polizei erkennt keine strafbaren Inhalte
ZivilcourageMutter eines von Nazis schwer verletzten Jungen erhält rassistische Drohbriefe
„Mich ärgert die Dreistigkeit, mit der Sie und Ihr Bastard in der Zeitung posieren. Dank voller Namensnennung erhalten Sie dafür diesen Brief von mir.“
Mit diesen Zeilen beginnt ein rassistisches Pamphlet, das Sonja Prinz am 21. Dezember per Post zugesandt wurde. „Ich bin solche Drohungen im Internet gewöhnt, aber es ist das erste Mal, dass so etwas bis an meine Privatanschrift kommt. Meine Kinder haben richtig Angst bekommen“, berichtet die Projektleiterin, die sich mit dem Verein New Generation Berlin gegen Rassismus engagiert.
Täter zeigte Hitlergruß
Anlass für den Brief war der öffentliche Aufruf von Prinz zur Suche nach den Tätern, die am 26. November an einer Tram-Station in Prenzlauer Berg ihren 17-jährigen Sohn niedergeschlagen und so schwer verletzt hatten, dass er stationär behandelt werden musste (taz berichtete). Weil die Polizei zunächst keinen öffentlichen Fahndungsaufruf nach den Tätern, von denen einer einen Hitlergruß zeigte, herausgab, organisierte Prinz mit einer Antifagruppe eine Kundgebung am Tatort.
Konsterniert ist sie über die Reaktion eines Polizeibeamten, als sie wegen des Drohbriefs Anzeige gegen Unbekannt stellen wollte. Man habe nicht genügend Personal, wurde sie beschieden. Erst auf ihren Protest hin wurde ihr zugesichert, dass sich ein Sachbearbeiter darum kümmern werde. Auch die Anregung von Prinz, den Brief nach Fingerabdrücken und Speichelresten untersuchen zu lassen, wurde abgelehnt.
Sollte man das Schreiben als Beweismittel brauchen, werde man sich später bei ihr melden, hieß es nur. Besonders überrascht war Prinz über die Einschätzung des Polizeibeamten, dass das Schreiben keine strafbaren Inhalte enthalte. Dabei fallen die beleidigen Vokabeln schon in den ersten Sätzen ins Auge. Zudem heißt es dort: „Was um alles in der Welt denkt sich eine weiße Frau dabei, sich mit einem Schwarzen einzulassen und dadurch Mischlinge zu produzieren?“
Prinz wird beschuldigt, „zu einem ethischen Durcheinander“ beizutragen, dass „zum Niedergang Deutschlands“ führe. Der Brief macht deutlich, dass Prinz ins Visier geriet, weil sie mit voller Nennung ihres Namens öffentlich gegen Rassismus und rechte Gewalt aufgetreten ist. Die von ihr geschilderte Reaktion des Polizisten dürfte zur Förderung von Zivilcourage kaum beigetragen haben.
Peter Nowak
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