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CDU und SPD wollen Wahl vereinfachen

Wahl Eine Studie zeigt, dass soziale Spaltung Ergebnisse von Wahlen verzerrt. Änderung des Wahlrechtes diskutiert

„Sozial prekäre Stadtteile sind zu Nichtwählerhochburgen geworden“

Bertelsmann Stiftung

SPD und CDU wollen einen neuen Vorstoß unternehmen, um das Wahlrecht in Hamburg zu ändern. In einem gemeinsamen Interview im Hamburger Abendblatt plädierten Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) und der CDU-Fraktionsvorsitzende André Trepoll für eine Vereinfachung des Wahlrechts, das von vielen Wählern als übermäßig kompliziert empfunden werde. „Es darf uns nicht gleichgültig lassen, wenn Wahlberechtigte ihr Wahlrecht nicht ausüben, weil sie sich überfordert fühlen“, sagte Trepoll.

In den Details sind sich die beiden größten Fraktionen in der Bürgerschaft aber nicht einig. Die CDU möchte die fünf Stimmen, die beliebig verteilt werden können, durch eine Listenstimme für eine Partei ersetzen, die letztlich die Wahl entscheidet. In den 17 Wahlkreisen soll der Wähler weiterhin fünf Stimmen haben. Die SPD sieht das kritisch und möchte bei fünf Stimmen bleiben.

Bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2015 gaben rund drei Prozent der Wähler ungültige Stimmen ab, weitere zwei Prozent schöpften die Möglichkeiten nicht aus. „Die Probleme sind bekannt, die Zeit drängt“, sagte Veit. Ein neues Wahlrecht solle nicht erst bei der nächsten Bürgerschaftswahl 2020 gelten, sondern schon bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen 2019. Für eine Wahlrechtsänderung ist in der Bürgerschaft eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. SPD und CDU wollen deshalb auch die Grünen in eine Wahlrechtsreform einbeziehen.

Laut Bertelsmann Stiftung verzerrt die soziale Spaltung in Hamburg das Wahlergebnis. „Sozial prekäre Stadtteile sind zu Nichtwählerhochburgen geworden“, heißt es in der Studie vom Februar 2015. „In den Hamburger Nichtwählerhochburgen wohnen fast 36-mal so viele Haushalte aus sozial schwächeren Milieus, fünfmal so viele Arbeitslose und doppelt so viele Menschen ohne Schulabschluss wie in den Stadtteilen mit der höchsten Wahlbeteiligung.“ Das oft als zu kompliziert kritisierte Wahlrecht führe zu einer Verschärfung der politischen Ungleichheit. „Allein der Anteil ungültiger Stimmen lag in den sozial prekären Nichtwählerhochburgen häufig dreimal höher als in den sozial stärkeren Stadtteilen.“ (dpa/taz)

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