Afghanistan-Abschiebung spaltet weiter Politik

ASYL Innenminister de Maizière verteidigt die Rückführung, Grüne in Ländern kritisieren SPD

„Es ist inhuman und eine Menschenrechtsverletzung“

Grünen-Chefin Simone Peter

BERLIN epd/dpa | Bundesinnenminister Thomas de Mai­zière (CDU) hat die erste Sammelabschiebung von Afghanen verteidigt. Solche Rückführungen seien richtig und notwendig, um das Asylsystem funktionsfähig zu halten, sagte de Maizière am Donnerstag. Hilfe für Schutzbedürftige und die Durchsetzung der Ausreisepflicht abgelehnter Asylbewerber seien zwei Seiten einer Medaille.

Der Innenminister bestätigte, dass in der Nacht zu Donnerstag 34 Afghanen in ihr Heimatland zurückgebracht wurden. Nach Aussagen der Abschiebebeobachterin von Diakonie und Caritas, Melisa Ergül-Puopolo, verlief die Abschiebung vom Flughafen Frankfurt am Main aus friedlich. Rund 500 Menschen protestierten laut Polizei in einem anderen Teil des Flughafens gegen den Abschiebeflug.

Laut de Maizière waren ein Drittel der Abgeschobenen Straftäter. Sie hätten sich etwa des Raubes, Diebstahls oder Betäubungsmitteldelikten schuldig gemacht, aber auch der Vergewaltigung und des Totschlags. An der Sammelabschiebung hätten sich Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland beteiligt.

Grüne und Linke übten an der Aktion weiter heftige Kritik: Sie bewerten Afghanistan nicht als ausreichend sicher. Grünen-Chefin Simone Peter äußerte auch Verständnis für den Rücktritt der flüchtlingspolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion in NRW, Monika Düker. Der Schritt sei „ein aufrichtiger Protest gegen die inhumane Praxis, Flüchtlinge in eines der gefährlichsten Länder der Welt abzuschieben und sich damit an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig zu machen“, sagte Peter der Rheinischen Post.

In NRW droht nun ein Koalitionskrach. Düker forderte die mitregierende SPD zur Aufklärung auf: „Ich bin davon ausgegangen, dass wir keine solche Sammelabschiebungen machen.“ SPD-Innenminister Ralf Jäger sei nun Antworten schuldig. Auch in Hamburg hatte es zwischen den Koalitionspartnern bereits Ärger gegeben. Die dort mitregierenden Grünen hatten die Abschiebung bereits am Mittwoch scharf kritisiert.

De Maizière kündigte weitere Sammelabschiebungen an. In Deutschland leben nach Angaben seines Ministeriums rund 12.500 Afghanen, die als ausreisepflichtig gelten. Die überwiegende Mehrheit hat aber eine Duldung. Im laufenden Jahr wurden bis Ende September 27 Afghanen abgeschoben. Mehr als 3.200 verließen Deutschland freiwillig. Sie erhielten dafür 700 Euro. Die jetzt Abgeschobenen haben 50 Euro bekommen.

In ihrer Heimat erwartet die Rückkehrer neben einer wirtschaftlich prekären Situation eine schwierige Sicherheitslage. Der Krieg gegen die Taliban hat trotz massiver Unterstützung des Westens wenig greifbare Erfolge gebracht. Anfang des Jahres warnte John Sopko, US-Generalinspektor für den Wiederaufbau Afghanistans, das Land sei in eine „gefährliche Lage“ zurückgefallen.