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American PieUS-Boy im Erfolgsfieber

FUSSBALL Die Seattle Soun­ders sind dank eines 22-jährigen Novizen nicht nur beliebt, sondern endlich auch erfolgreich

Michael Jordan, Dirk Nowitzki, Jordan Morris? Was haben diese drei gemeinsam? Die beiden Ersten waren oder sind Basketballspieler und Weltstars, der Dritte ein Fußballprofi, aber beileibe kein Weltstar. Jordan spielt schon seit 13 Jahren nicht mehr, Nowitzki vermutlich auch nicht mehr lange, während der 22-jährige Morris seine besten Jahre wohl erst vor sich hat. Aber auch wenn Morris noch einen weiten Weg zur Legende zurücklegen muss: Am Sonntag, als sich Morris und die Seattle Soun­ders für das Endspiel der Major League Soccer (MLS) qualifizierten, wurde er bereits mit Jordan und Nowitzki verglichen.

War dem Youngster doch das goldene Tor zum 1:0-Auswärtserfolg bei den Colorado Rapids gelungen, obwohl er zuvor mit Fieber das Bett hatte hüten müssen. Da wurden Erinnerungen wach an Michael Jordan und Dirk Nowitzki, die in die NBA-Geschichte eingingen, als sie mit erhöhter Temperatur ein Finalspiel für ihre Mannschaften entschieden.

Die Vorlage für Morris’ Treffer hatte Nelson Valdez gegeben. Genau jener Nelson Valdez, der in den nuller Jahren bei Werder Bremen und Borussia Dortmund zum Publikumsliebling aufstieg. Nun steht Valdez im MLS-Endspiel, während ungleich prominentere Altstars wie Kaká, David Villa, Andrea Pirlo oder Steven Gerrard zuschauen müssen.

Dafür darf sich der 32-jährige Valdez bei Morris bedanken. Der spielt zwar seine erste Profisaison, die aber überragend. Seine 14 Tore sind der Hauptgrund für den Erfolg von Seattle. So wurde Morris zum „Neuling des Jahres“ gewählt.

Vor nicht mal einem Jahr nahm Werder Bremen den inzwischen 12-maligen US-Nationalspieler mit ins Winterpausen-Trainingslager ins türkische Belek. Thomas Eichin, damals Manager von Werder, erkannte bei Morris „ein paar Sachen, die man sonst selten sieht“, der US-Boy sei „ein total zielstrebiger Typ und sucht immer nach Wegen, um vors Tor zu kommen“.

Nach Bremen wollte Morris trotz Vertragsangebot doch nicht kommen. Der Grund: Heimweh. „Ich wollte immer nach Hause kommen“, ließ er wissen und unterschrieb in Seattle, wo er aufgewachsen war. Dass sein Vater bei den Soun­ders als Mannschaftsarzt arbeitet und sein Vertrag zudem der bestdotierte ist, den jemals ein in den USA ausgebildeter Spieler in der MLS bekam, dürfte die Heimkehr zusätzlich vereinfacht haben.

In nur einer Spielzeit entwickelte sich Morris zum Aushängeschild des Vorzeige-Klubs der MLS. Die Sounders haben zwar noch nie die Meisterschaft gewonnen, aber seit ihrer Ligazugehörigkeit 2009 den besten Zuschauerschnitt. In diesem Jahr kamen durchschnittlich nahezu 43.000 Anhänger.

Falls am 10. Dezember das MLS-Endspiel in Seattle stattfindet, dürften deutlich mehr da sein. Das entscheidet sich heute Nacht, wenn Toronto FC gegen Montreal Impact versucht, eine 2:3-Niederlage aufzuholen. Sollte das gelingen, wird Toronto Finalgastgeber sein, weil sie in der regulären Saison mehr Punkte gesammelt haben als Seattle. Und sollte Morris mit seinem Team Meister werden, wäre das auch aus einem anderen Grund besonders. Weder Michael Jordan noch Dirk Nowitzki ist dies in so jungen Jahren gelungen.

Thomas Winkler

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