Porträt
:

Ersatzkeeper des FC St. Pauli: Phillipp Heerwagen Foto: dpa

Ein treuer Reservist

Er ist da, wenn er gebraucht wird. So wie vergangenen Freitag. Da durfte Philipp Heerwagen, Ersatzkeeper des FC St. Pauli, gegen den 1. FC Kaiserslautern das erste Mal seit April 2014 wieder zwischen die Pfosten. Mehr als anderthalb Jahre musste Heerwagen auf diesen Einsatz warten. Dabei hat er schon 33 Erstligapartien auf dem Buckel und trainiert immer brav, um sich anschließend auf der Bank wiederzufinden.

Am Freitag aber bekam Stammtorhüter Robin Himmelmann nach einer halben Stunde Spielzeit muskuläre Probleme und musste den Platz verlassen. Heerwagen wurde gebraucht. Und wie. Unmittelbar vor Himmelmanns Ausscheiden hatte der Schiedsrichter nach einem Foul von Sören Gonther auf den Elfmeterpunkt gezeigt. Beim Stand von 0:0 drohte der Rückstand, eine weitere Pleite und damit die Freistellung von Trainer Ewald Lienen.

„Meine Traumsituation“, beschrieb Heerwagen seinen Kaltstart später. „Schließlich habe ich in meinem Leben schon ein paar Elfmeter gehalten.“ Nach vier Minuten Wechselpause trat schließlich der Ex-HSV-Spieler Zoltan Stieber zum Strafstoß an, Heerwagen tauchte in die richtige Ecke ab „und fühlte den Ball schon in meinen Händen“. Doch Stieber schob den Ball selbst knapp am Pfosten vorbei. Heerwagen hätte also gar nicht hechten müssen, nur da sein.

Das galt dann auch für den Rest der Partie. Weil der FC St. Pauli seine bislang beste Saisonleistung bot, musste der Ersatzmann kaum einmal aktiv eingreifen. Präsenz reichte aus. Nach 14 vergeblichen Versuchen ließ das Team zum ersten Mal in dieser Saison kein Gegentor zu. Weil aber auch der Offensive trotz bester Chancen kein Tor gelang, endete die Partie mit der Doppelnull.

Für Heerwagen ist das kein Grund, vergebenen Chancen hinterherzutrauern oder darüber nachzudenken, „ob der Papst vor dem Spiel mal wieder vergessen hat, für uns zu beten“. Sein Blick geht nach vorne, zur nächsten Partie. Dann wird er wahrscheinlich wieder auf der Ersatzbank sitzen.

Ansprüche stellt der gebürtige Münchner nicht. Er identifiziert sich voll mit seinem Verein und füllt seine Rolle als Himmelmann-Backup mit bester Laune aus. „Ich habe mir mit Mitte Zwanzig geschworen, das ich ab 30 nur noch da spiele, wo ich Bock habe“, hat Heerwagen einmal gesagt. Und seinen Schwur gehalten.

Für den sozial engagierten Keeper ist der FC St. Pauli „sein Verein“ geworden. Die Ersatzbank hier zieht der Mann für gewisse Stunden einer aktiveren Rolle bei einem anderen Verein vor. Aber sollte er demnächst erneut auf dem Feld gebraucht werden, darf man sicher sein: Er wird wieder voll da sein. Marco Carini