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Musik für junge LeuteJunge Welt

Hamburger Soundtrack

von Nils Schuhmacher

Der Jugend sagte der Genosse Mao Zedong einst: „Die Welt ist euer und auch unser; aber letzten Endes ist sie euer.“ Über früh einsetzende Betreuungsaktivitäten kann man sich vor diesem Hintergrund kaum wundern. Die lange Liste beginnt bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten, die zum ersten Mal 1947 ausgetragen wurden. Sie umfasst das Festival der Jugend, mit dem die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend zwischen 1978 und 1988 regelmäßig die hiesigen jungen Leute beglückte (mit Hilfe von Klaus Lage, Udo Lindenberg, Nina Simone und anderen).

Sie enthält aber auch die erste Generation von Spezialsendungen im Hörfunk, deren Programm im Beginn auf eine sehr spezielle Art und Weise „abgestimmt“ war auf die Interessen der nachwachsenden Generation. Peter Wellershaus, 1965 der erste Moderator der NDR-Sendung „Musik für junge Leute“, berichtete einmal von sogenannten Abhörkonferenzen: „Immer wenn es ‚schräg‘ wurde, guckten alle mich an, etwa bei den Beatles oder den Kinks. Die Platten bekamen dann den Vermerk ‚Nur für junge Leute!‘“

Nun ist mit der Zeit an die Stelle umfassender Betreuung die Aneignung getreten, denn die Alten von heute sind ja die popkulturell gestählten Jungen von gestern. Insofern muss alles, was sich heutzutage als Musik für junge Leute präsentiert, wie ein ironisches Zitat daherkommen. Etwa der 1997 erschienene gleichnamige Sampler des verblichenen Labels L’age d’or, der aber immerhin noch ein Lied mit dem Titel „Wie wir Sozialisten wurden“ aufbietet.

Oder ein „Festival für junge Menschen“ (8. 12., Uebel & Gefährlich). Eine dort auftretende Band, so weiß ein Promotext zu berichten, macht Musik für den „modernen jungen Menschen des 21. Jahrhunderts, der sich natürlich vorzugsweise in digitalen Welten bewegt“. Dem großen Steuermann hätte dann aber doch wohl mehr eine andere beteiligte Band gefallen. Die heißt: „Die Nerven“. Und genau darum geht es doch wohl.

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