: Blankeneses Treppenviertel in Trümmer gelegt
Terroristen-Krimi Hartmut Höhne lässt eine neue linksradikale Terrorzelle die Häuser der Reichen sprengen. Wozu, bleibt vage
Und wenn nun die RAF auferstünde? In einer Zelle, wie ein Dinosaurier, all die Jahre überlebt hätte und ganz im Stillen Anschläge plante? Wenn klammheimlich eine linksradikale, akut gewaltbereite Generation von Bürgerkindern nachgewachsen wäre, die mit den älteren Ex-RAFlern, die gelegentlich durch Banküberfälle zwecks Lebensunterhalts auffallen, gar nichts zu tun hätte? Und genau deshalb so schwer zu orten, zu finden wäre, gut in der bürgerlichen Existenz versteckt wie etwa der NSU?
Denkbar wäre es, und Autor Hartmut Höhne hat es gedacht. „Finale Fanale“ heißt die Terrorzelle seiner drei Männer und einer Frau, die in Hamburg und Holland lebt und lange schon, peu à peu, einen Anschlag aufs vornehme Blankenese plant. Denn der Untertitel „Blankenese-Krimi“ weist hier nicht auf einen Krimi nach üblichem Schnittmuster hin, in dem Verbrechen oft von den Großkopferten begangen werden, sondern auf Blankenese als Klassenfeind. Auf ein Attentat, die Sprengung eines ganzen Hügels, mit dem die Täter ein Zeichen setzen wollen und auf die Ungleichheit, die Ungerechtigkeit der Welt verweisen.
Was genau das ändern soll, sagt keiner der Beteiligten, auch das fast vergessene Pamphlet erschöpft sich im Phrasischen, aber immerhin ist der Anschlag sorgfältig geplant – wenn man davon absieht, dass einer der vier bei der TNT-Übergabe in Kroatien sein Tablet liegen lässt und jetzt fürchtet, die Verbindungsmänner könnten das missbrauchen.
Passiert aber nicht, der Anschlag läuft wie geplant, Hamburg ist in Aufruhr, glaubt erst an einen islamistischen Anschlag und – kommt unerwartet schnell auf die Spur der Täter.
Zugegeben, das alles ist etwas beschaulich erzählt, sodass man nicht genau weiß, ob dies Ironie oder bloß stilistische Betulichkeit ist. Tatsache ist aber, dass die vier recht überstürzt fliehen müssen in verschiedene Ecken der Welt, dass sie auch dort schnell gefasst werden, bis nur noch einer von ihnen lebt. Und den überredet der Kommissar, dessen Schwester beim Anschlag starb, aufzugeben, weil ja sonst niemand mehr die Botschaft verkünden könnte.
So kommt es, halb ironisch, halb ernst, und man weiß immer noch nicht: Ist dies Wunschdenken oder Abrechnung des Autors, oder spielt er bloß mit einer Idee? Es bleibt unklar, aber mit der Gefühlswelt der Täter scheint er sich vertraut gemacht zu haben – ihrer Kälte, ihrer Blindheit gegenüber der Tatsache, dass der Anschlag nichts verändert, dass selbst die Attentäter für das Danach kein Konzept haben: weder politisch noch privat.
Ob das nun die Botschaft ist? Eine verzweifelt scheiternde RAF-Nachgeborenen-Generation? Das Buch bleibt seltsam flach im Ungefähren. PS
Hartmut Höhne: „Finale Fanale“, Husum-Verlag, 216 S., 12,95 Euro
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