Selbst Belgien findet Ceta jetzt gut

Freihandel Der Widerstand des belgischen Wallonien gegen das europäisch-kanadische Abkommen ist beendet. Bis zum Inkrafttreten des Vertrags ist der Weg lang, auch wenn die größten Klippen überwunden scheinen

Protest trotz Einigung: Ceta-Gegner demonstrieren am Donnerstag vor dem EU-Hauptquartier in Brüssel Foto: Geert Vanden Wijngaert/ap

Aus Brüssel Eric Bonse

Es war ein Wechselbad der Gefühle. Erst kam die Absage, dann die Zusage. Erst die Blamage, dann die Hoffnung. Nachdem am Donnerstag der EU-Kanada-Gipfel in Brüssel geplatzt war, keimt nun doch wieder neue Hoffnung bei den Anhängern des Ceta-Abkommens auf.

Denn Belgien scheint seit gestern bereit, seinen Widerstand gegen Ceta aufzugeben. Man habe sich auf einen gemeinsamen Forderungskatalog geeinigt, erklärte Premierminister Charles Michel nach dreitägigen Beratungen mit den belgischen Regionen und Sprachgemeinschaften.

Noch am Mittwochabend hatten Wallonien, aber auch die Region Brüssel und die deutschsprachige Gemeinschaft Bel­giens Vorbehalte geäußert. Mi­chel konnte daher kein grünes Licht für den Ceta-Gipfel am Donnerstag geben, Kanadas Premier Justin Trudeau blies seine Reise ab.

Es war eine Blamage für EU-Ratspräsident Donald Tusk. Er hatte den Belgiern ein Ultimatum gesetzt und hielt dann, als die Deadline verstrichen war, trotzig am Kanada-Gipfel fest. Die Belgier ließen sich von Tusk nicht beeindrucken und pokerten einfach weiter.

Am Donnerstagmittag kamen sie dann doch noch zu einem Ergebnis. Paul Magnette, der Ministerpräsident Wallo­niens, zog sein Veto zurück. Das Verhandlungsergebnis sei ein Erfolg für seine Region „und die ganze Welt“, erklärte er. „Es geht um die Frage, in welcher Welt wir leben wollen und wie sie reguliert werden soll.“

Das scheint etwas übertrieben zu sein, wenn man sich die Details der Vereinbarung ansieht. Denn das Abkommen wird nicht mehr geändert, wie Magnette zunächst gefordert hatte. Und viele Konditionen erinnern an Auflagen, die auch Deutschland schon gemacht hat. So soll es eine Ausstiegsklausel für Belgien, aber auch für einzelne Regionen geben. Außerdem soll der Investitions-Gerichtshof später als geplant seine Arbeit aufnehmen. Zuvor soll das oberste EU-Gericht in Luxemburg klären, ob Sonder-Klagerechte für Investoren zulässig sind.

Wirklich neu und typisch belgisch sind nur die Schutzklauseln für Landwirte. Sie sollen greifen, wenn die Kanadier mehr Rindfleisch als vereinbart nach Europa exportieren oder der Milchpreis weiter fällt. Allerdings war zunächst nicht klar, ob dann die belgische Föderalregierung einspringen soll oder die EU.

Das Hin und Her war eine Blamage für EU-Ratspräsident Donald Tusk

Klar ist hingegen, dass alle übrigen 27 EU-Staaten den belgischen Änderungswünschen zustimmen müssen. Denn eigentlich ist der Ceta-Vertrag mit seinen Anhängen, Auslegungen und nationalen Erklärungen längst fertig. Sagt nur ein Mitgliedsland Nein, beginnt die Konsenssuche von vorn.

Und damit ist die Einigung immer noch nicht unter Dach und Fach. Wenn die EU den Weg freimacht, müssen auch noch die belgischen Regionalparlamente zustimmen. Dies ist für Freitag geplant. Ganz am Ende wird der Text Kanada vorgelegt, das ebenfalls einwilligen muss. Da kann noch einiges schiefgehen – auch wenn am grundsätzlichen Einigungswillen kein Zweifel mehr besteht.

Erleichtert reagierte dagegen Donald Tusk. Die EU sei erfreut, teilte er via Twitter mit. Er werde Trudeau aber erst kontaktieren, wenn auf EU-Seite alles durch sei, stellte er klar. Erst dann, vermutlich in der kommenden Woche, soll ein neuer EU-Kanada-Gipfel anberaumt werden. Ein zweites Mal möchte sich Tusk wohl nicht blamieren,