: Der König ist tot, es lebe der König
ThronfolgeKann ein Kronprinz, dem der Ruf eines Playboys mit Spielsucht und Bayern-Faible vorauseilt, Thailand zusammenhalten? Der Tod des dienstältesten Königs der Welt kündigt unsichere Zeiten an. Die Intransparenz angesichts der Todesnachricht ist ein Signal
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Von Nicola Glass und Sven Hansen
Während die Todesnachricht bereits im Verlauf des Tages kursierte, erfolgte die offizielle Bestätigung erst am frühen Abend. Die Junta unter Diktator Prayuth Chan-ocha und ihre Verbündeten versuchten offenbar, die Todesmeldung so lange wie möglich aufzuschieben, obwohl sie nicht überraschend war. Man habe sich präparieren wollen für den Fall, dass politisches Chaos ausbreche, hieß es. Es geht wohl eher um die Befürchtung des royalistischen Establishments, durch einen Wechsel auf dem Thron an Einfluss und Privilegien zu verlieren. Denn ihren Machtanspruch bezogen Thailands Militärs, egal ob aktive Generäle oder solche im Ruhestand, sowie deren Vertraute aus Hofschranzen, Technokraten und Bürokraten vor allem aus der Popularität, die König Bhumibol im Vergleich zu manch anderen Mitgliedern des Königshauses genoss. Nicht zuletzt musste der „Schutz der Monarchie“ immer wieder als Legitimation für Militärputsche herhalten.
Mit Kronprinz Maha Vajiralongkorn, den Bhumibol bereits 1972 als Nachfolger benannt hatte, gelangt nun ein für seine Exzesse berüchtigter Lebemann und Playboy auf den Thron, der selbst vielen Royalisten verhasst ist. Sogar der Vorsitzende des einflussreichen Kronrats, der konservative 92-jährige General und ehemalige Ministerpräsident Prem Tinsulanonda, soll große Vorbehalte gegen den 6-Jährigen haben.
Der voraussichtliche neue König ging in England und Australien zur Schule und zur Militärakademie. Er ist Pilot im Rang eines Generals. Aber es wird ihm Spielsucht nachgesagt, die ihm unter anderem ausgerechnet der Milliardär und frühere Premierminister Thaksin Shinawatra finanziert haben soll, den das Militär 2006 wegputschte.
Bisher hielt der mehrfach geschiedene Vajiralongkorn sich viele Monate im Jahr im Ausland auf, bevorzugt in Bayern. Dort kaufte er dieses Jahr in Tutzing am Starnberger See die denkmalgeschützte Villa Stolberg. Zuvor hatte er oft im Kempinski-Hotel München Quartier bezogen. An der Hotelkette ist das Immobilienbüro des thailändischen Königshauses beteiligt. Im Juli 2011 ließ ein deutscher Richter die vom Prinzen benutzte Boeing 737 der thailändischen Luftwaffe auf Münchens Flughafen pfänden, um einem Schiedsspruch zur Geltung zu verhelfen, demzufolge Thailand einem deutschen Baukonzern Geld schuldete. Der Prinz soll darauf schnell seinen Mercedes in der Hotelgarage des Kempinski versteckt haben. Nach Tagen erklärte er sich bereit, das Flugzeug auszulösen. Darauf gab die Regierung in Bangkok nach und zahlte.
Auf dem Münchner Flughafen fotografierten Paparazzi auch den Prinzen und seine Geliebte samt Schoßhündchen in unvorteilhafter Pose. Der halbnackte Vajiralongkorn mit Rücken voller Tatoos wirkt dabei wie ein Mafiapate. Die von der Bild-Zeitung verbreiteten Fotos wagte in Thailand niemand zu drucken, sie machen in sozialen Netzwerken die Runde. Der Palast bezeichnet sie als Fälschung.
Nicht nur all dies dürfte das Image der thailändischen Monarchie nun erodieren lassen. Hinzu kommt, dass das seit Langem missbrauchte drakonische „Gesetz gegen Majestätsbeleidigung“ fortan zum Schutze eines unpopulären Mannes dient, der als „Rama X“ den Thron besteigen wird.
Thailands Militärs und ihre Verbündeten haben bislang dafür gesorgt, dass sie als demokratisch nicht legitimierte Elite die politische Kontrolle im Land behalten. Allein das hat zur gesellschaftlichen Spaltung beigetragen. Unter König Vajiralongkorn könnte das Land unsicheren Zeiten entgegengehen. Offen bleibt zudem, ob es Ende 2017 tatsächlich Wahlen gibt, wie es die Junta versprochen hat.
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