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Archiv-Artikel

Kekse! Wo sind die Kekse!

OFENFREUDEN Plätzchen essen die meisten gerne. Doch Plätzchen backen ist gar nicht so leicht. taz-Autoren berichten von ihren Erfahrungen an der Backofenfront

Marmorkuchen in schweren Zeiten

Das einzige Gebäck, das ich mühelos hinkriege, ist Marmorkuchen: Eier, Mehl, Butter, Zucker, Kakaopulver und natürlich ein Tütchen, auf das der Hersteller netterweise „Backpulver“ draufgedruckt hat. Als ich 1991 in St. Petersburg studierte, waren die Regale der meisten Läden leer – in der Endphase der Sowjetunion warteten alle Händler auf die Russische Förderation und die angekündigte „Schocktherapie“ für die Wirtschaft. Viele Lebensmittel gab es nur auf Karte, und von westlichen Backpulvertütchen träumte man nicht einmal. Ahnte ich, dass es sich bei Backpulver um simples Natron handelt, das es selbst in Russlands schlechtesten Zeiten überall gab? Nein. Da ich mein gewohntes buntes Tütchen nicht fand, ließ ich das Backpulver als westlich-überflüssiges Zubehör kurzerhand weg und war stolz darauf, den Rest der Zutaten gefunden zu haben. Mein Marmorkuchen war – gehaltvoll. Und sehr flach. Meine Gäste lobten ihn trotzdem. Die Russen sind eben höfliche Leute. ESTHER GEISSLINGER

Backende Teenies, bleiche Mütter

Es war in der zehnten Klasse, um die Weihnachtszeit. Ein Basar stand vor der Tür. Bevor ich sie stoppen konnte, meldete meine Freundin uns fürs Plätzchenbacken an. Dass wir weder Erfahrung noch Talent für solche Dinge haben, hat sie damals außer Acht gelassen. Da standen wir also, den skeptischen Blicken meiner Mutter ausgeliefert, in unserer bis dahin sehr ordentlichen Küche. All unsere kreativen, teils verrückten und rückwirkend betrachtet wahrscheinlich unmöglichen Ideen hat uns meine Mutter schon im Vorfeld ausgeredet. Es sei schon schwer genug für uns, Ausstecher, Haferflockenkekse und Vanillekipferl zu backen. Recht hatte sie. Innerhalb kürzester Zeit sorgten wir dafür, dass die Küche im Chaos versank. Immer blasser wurde meine Mutter. Dieser Teig war aber auch wahnsinnig klebrig! Das Ergebnis waren Tannenbäume ohne Spitze und Sternschnuppen ohne Schweif. Seitdem wurde unsere Küche nicht wieder in eine Weihnachtsbäckerei verwandelt. LISA FRANKENBERGER

Bärentatzen statt Pimmelkekse

Plätzchen ausstechen rockt nicht. Immer bleibt ein Zacken des Sterns, die Spitze des Tannenbaums, ein Bein des Schafs beim Herausdrücken in der Form hängen. Und überhaupt: Was macht man dann mit dem ganzen Gebäck, das nur nach hellem zuckrigen Keks schmeckt und sonst nach nichts? Mit Silberkugeln und rotem Streusel bekleben? Das macht mit acht noch großen Spaß. Mit neun hingegen kommt man auf bessere Ideen. Zum Beispiel: Die Pimmel- und Busenzeichnungen, die man sich gegenseitig unter nicht enden wollendem Kichern auf die Schulhefte gemalt hat, ganz neu in den drei Dimensionen des Raumes zu entdecken. Welch Augen die Großen machen werden, wenn sie den Schweinkram sehen! Kicher! Dass manche Menschen auch mit über 40 Jahren noch so denken, zeigt die aktuelle Debatte um den Diekmann-Phallus am taz-Haus in Berlin. Andere stellen dann doch recht schnell fest, dass Pimmelkekse nicht mal halb so cool sind wie Bärentatzen. Die gehen so:

125 g gemahlene Zartbitter-Schokolade, 250 g gemahlene Mandeln, 250 g Zucker, eine Messerspitze Zimt, jeweils eine Prise gemahlene Nelken und Kardamom, drei Teelöffel Kakao, die Schale einer halben Zitrone zu einem Teig verarbeiten, drei zu Schaum geschlagene Eiweiß unterheben und daraus mindestens walnussgroße Kugeln formen. Eindrücken, auf ein Blech und über Nacht trocknen. Tags darauf 15 Minuten bei 180 Grad eine Viertelstunde backen. Und dann unbedingt sofort aus dem Ofen nehmen, sonst werden sie steinhart. EIKEN BRUHN

Der Zwang zum Plätzchenbacken

Plätzchen sind mein täglicher Stress. Nicht weil ich Kinder habe (doch, auch, die dürfen mitmatschen, macht nämlich Spaß). Es ist nämlich eigentlich – zwanghaft. Ich backe schon seit: naja, jetzt sind es zwei Wochen. Was? Plätzchen. Makronen. Zimtsterne. Stollen. Spritzgebäck. Spekulatius. Spritzgebäck kommt erst ganz zum Schluss, das muss frisch sein, und da muss ich immer nachschauen. Haselnussmakronen gehen dagegen kinderleicht, bloß verbrennen die schneller als du hinschauen kannst. Es geht nämlich so:

250 Gramm Haselnüsse mahlen. Vier Eiweiße mit einem Schuss Zitrone und einer Prise Salz zu steifem Schnee schlagen. Mit 100 Gramm braunem Zucker versetzen. Vanille pulverisieren, ein halber Teelöffel sollte schon rauskommen, dazu noch ein Teelöffel Kakao, und das alles zusammenrühren. Teig fertig. Kügelchen formen. Nusshälften oben drauf. Backofen, 160 Grad, 20 Minuten. Oder doch nur 18?

Ich merk schon. Heute Abend muss ich auch wieder ran. Ich kann nicht anders. Hoffentlich ist bald Weihnachten. Dann isses vorbei. BENNO SCHIRRMEISTER