Berlinmusik: Duracellkopf & Körpersaft
Wir müssen heute eine kleine Schlaufe drehen. Es soll um Brangelina gehen. Bei den beiden geht’s ja nicht mehr so gut zusammen und auch um die junge Berliner Indie-Band namens Brangelina ist es ruhig geworden. Aber man muss sich nicht gleich scheiden lassen, man kann auch erst mal eine Weile getrennte Wege gehen.
Heimer, der Bassist jener Band, hat die jüngste Zeit jedenfalls sinnvoll genutzt und ein Album mit dem schönen Namen „Teilzeit Swag“ herausgebracht. Bei diesem Werk handelt es sich um eines der vielleicht außergewöhnlichsten elektronischen Alben des Jahres. Da klingen Amiga- und C64-Sounds an, die an den skandinavischen Skweee-Stil erinnern, da kommt eine Prise Glitch, ein Hauch HipHop durch, da hört man verspulte Beats, an denen jemand hörbar gefeilt hat. Da überschlagen und überlagern sich die Klangebenen; beim Versuch, dazu zu tanzen, würde man während der elf Stücke wohl ab und zu ins Stolpern kommen. Diesen Duracellkopf Heimer sollte man sich merken, denn so wie er schrauben und basteln derzeit wenige andere.
Elektronisch und experimentell sind auch Hyenaz, aber irgendwie ganz anders. Das Duo, bestehend aus Mad Kate & XIL, kommt mehr über das Performative. Insofern verspricht die Releaseparty ihres nun erscheinenden Albums „Critical Magic“ interessant zu werden. Wenn die beiden selbst ihren Sound als „techno shamanistic key to eternity“ und die Musik den „Saft, der in ihren Körpern fließt“ nennen, kommt man der Sache näher. Dass sie mit Peaches – die Fan der beiden ist – und Bonaparte aufgetreten sind, passt ins Bild.
Auf „Critical Magic“ erklingen industrielle Beats, Geräusche, Gewaber, Geklimpere; man hört Singstimmen, Sprechstimmen, Raunen und Wispern, Klackern und Knistern, atmosphärisch befindet man sich irgendwo zwischen den Einstürzenden Neubauten, David Lynch und einem Dark Rave – musikalisch eine technoide Angelegenheit.
Und dann scheint es bei dem Duo noch einen Korea-Bezug zu geben, der sich an den Schriftzeichen ablesen lässt. Allerdings wird man auf den ersten Blick noch nicht so ganz schlau daraus, wie man sowieso zunächst nicht ganz schlau wird aus den Performern, die sich „Transgender Humanoide“ nennen. Aber vielleicht erschließt sich einem die Welt dieser Wesen ja noch. Jens Uthoff
Heimer: „Teilzeit Swag“ (Tomlab/Indigo)
HYENAZ: „Critical Magic“ (Springstoff/Indigo), Releasekonzert: 21.10. Urban Spree
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