: Editorial
Gerade eben erschütterte ein schweres Beben die Verlagsszene. Bob Dylan, das saß. Viel Jubel, aber auch einiger Katzenjammer unter Büchermachern: Wenn jetzt schon Singer-Songwriter den Nobelpreis für Literatur kriegen – wo bleibt denn da noch der Platz für den normalen Roman? Nun ist die Auszeichnung aber klar verdient, und sie ehrt die Literatur sowieso viel mehr als den heiligen Bob auf seiner nie aufhörenden Tour. Aber, stimmt schon, da ist etwas dran: Der normale Roman – 350 handliche Seiten, gerundete Handlung, fein gezeichnete Figuren – ist in der Krise. Allerdings wird man feststellen, dass es für Leserinnen und Leser eine sehr unterhaltsame Krise ist.
Man muss sich nur ein wenig umgucken und findet großartige Bücher. Eine Auswahl haben wir in diese Beilage zur Frankfurter Buchmesse genommen. Anlesetipps im literarischen Bereich: die herb-komische Identitätssuche des Autors Dmitrij Kapitelman zwischen Kiew, Leipzig und Tel Aviv. Und die wilde Prosajagd einer Emma Braslavsky. Und so klassische wie aktuelle große Romane gibt es ja weiterhin: etwa Hakan Gündays heftigen Roman „Flucht“.
Aber was soll eigentlich der Titel dieser Beilage – „Unbewusst und untenrum“? Nun, diese Headline schwankt zwischen Banalität und Bedeutungsschwere. Banal ist sie, weil sie lediglich zwei Bücher, die wir hier präsentieren, in eine Headline schrumpft: nämlich das viel beachtete Buch von Margarete Stokowski „Untenrum frei“ und die neue Biografie von Peter-André Alt über den Entdecker des Unbewussten Sigmund Freud. Bedeutungsschwer ist sie, weil sie suggeriert, dass an das Untenrum nur über das Unbewusste ranzukommen ist. „Wir können untenrum nicht frei sein, wenn wir obenrum nicht frei sind“, heißt es bei Margarete Stokowski. Für diese literataz haben wir sie in dem Café getroffen, in dem sie vor vielen Jahren für ihr Abi gelernt hat.
Außerdem in dieser literataz: ein Porträt der Preisträgerin des diesjährigen Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Carolin Emcke u. v. a.
Dirk Knipphals und Tania Martini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen