Das war die Woche in Berlin I: Essenzielle Angst ums Essen

Nun ist das Ende von Kaiser's Tengelmann wohl besiegelt. Warum haben wir so mit der Supermarktkette gelitten?

Kaiser's Einkaufswagen

Hier rollt bald wohl nichts mehr: Einkaufswagen von Kaiser's Foto: dpa

Als am Donnerstagabend vor zehn Tagen die vermeintliche Rettung der Supermarktkette Kaiser’s von der Gewerkschaft Verdi bekannt gegeben wurde, war die Erleichterung groß. Und echt. „Für alle Beschäftigten ist es einfach toll zu wissen, dass es eine Perspektive gibt“, sagte der Berliner Betriebsratschef Volker Bohne der taz. Dabei muss man im Rückblick sagen, dass sich die Ankündigung von Verdi eher liest wie der Aufschub einer Hinrichtung.

Von daher sollte man vorsichtig sein mit Aussagen, dass Kaiser’s nun doch zerschlagen wird, wie der Eigentümer am Donnerstagabend dieser Woche ankündigte. Die Gespräche, die laut Verdi die Zukunft bringen sollten, sind gescheitert. Aber fragen darf man durchaus, warum einem das Schicksal der Kette nahegeht, obwohl – ehrlich gesagt – deren Angebot eher ein bisschen zu teuer und deren Service und Image (olle Kaffeekanne!) auch nicht besser sind als das der meisten Discounter.

Ein Grund ist, dass es schlicht sehr viele Kaiser’s-Geschäfte in Berlin gibt, diese oft mitten im Kiez liegen und so fast eine Art Zentrum bilden – nicht zuletzt dank der stetig ausgeweiteten Öffnungszeiten bis Mitternacht, über die die Gewerkschaften nicht sehr erfreut waren.

Diese vielerorts gute Lage dürfte zum einen die Hoffnung nähren, dass es selbst bei einer Zerschlagung für zahlreiche Innenstadtfilialen eine Zukunft gibt. Zum anderen schürt sie die Angst bei den Kunden und Nachbarn vor den sicht- und fühlbaren Auswirkungen. Klar hätte man gern einen Laden vor der Haustür. Aber gleichzeitig schätzt man die Annehmlichkeiten des Online-Einkaufs, inzwischen verstärkt auch bei Lebensmitteln. Kaiser’s steht in diesem Bereich dank „Bringmeister“ nicht schlecht da; gleichzeitig stellt der hauseigene Lieferservice eine Konkurrenz für die eigene Filialstruktur dar.

Auch im Lebensmitteleinzelhandel wird es in absehbarer Zeit Verdrängungsprozesse geben, wie sie der Rest der Branche längst erfährt. Bei Essen ist der Verlust eines Ladengeschäfts für die Kunden aber essenzieller als im Unterhaltungselektronik- oder Kleidungsbereich. Aufhalten lassen sich die Veränderungen dennoch nicht, dafür sind wir Konsumenten zu bequem. Und kaufen am Ende lieber noch teurer beim Späti ein – dessen Inhaber sich, um überleben zu können, meist gnadenlos ausbeuten müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.