Lieber Underdog als Ochsentour

Nach der zweiten Heimniederlage in der DEL stellt sich Aufsteiger Duisburg auf eine schwierige Saison ein. Das Risiko, in der Eishockey-Oberklasse zu scheitern, nimmt Trainer Dieter Hegen in Kauf

„Wir werden vermutlich jede Partie als Underdog bestreiten“

AUS DUISBURGROLAND LEROI

Dieter Hegen verspürte keine Lust auf eine ausgedehnte Spielanalyse. Der Coach des DEL-Aufsteigers EV Duisburg hatte deutliche Mühe, den ersten wirklichen Rückschlag zu verdauen. Mit 3:4 unterlag der EVD im niederrheinischen Eishockey-Derby am Wochenende gegen die Krefelder Pinguine und verspielte im letzten Drittel eine 3:1-Führung. „Unsere Verteidiger hielten sich nicht an die Vorgaben und stürmten plötzlich schön drauf los. So haben wir die Gegentore kassiert“, schimpfte Hegen, bevor er sich darauf besann „ohne meinen Anwalt“ besser nichts mehr zum Spiel zu sagen.

Nach der zweiten Heimniederlage finden sich die Duisburger „Füchse“ im Tabellenkeller wieder. Wieder einmal hielt der Aufsteiger gegen einen Favoriten gut mit und hatte den KEV nach einem Doppelpack von Steve Brulé und einem Treffer des später gescholtenen Verteidigers Jean-Luc Grand-Pierre am Kanterhaken. „Mein Team gab aber nie auf, obwohl Duisburg sehr gut spielte“, sagte KEV-Coach Teal Fowler, der in Alexander Selivanov seinen zweifachen Torschützen hatte. „Für das Lob können wir uns nichts kaufen, wir zahlten Lehrgeld“, so Hegen geknickt.

Ihm fällt es nicht schwer, sich mit der Rolle des Außenseiters anzufreunden. „Vermutlich werden wir jede Partie als Underdog bestreiten, damit müssen wir eben umgehen“, sagt der 43-Jährige. Früher, als er noch selbst aktiv war, stand Hegen, den schon immer alle „Didi“ riefen, meist auf der Seite der Favoriten. Mit Köln, Düsseldorf und Hedos München gewann er sieben Deutsche Meisterschaften. Mit dem EVD, mit dem Hegen in seine vierte Saison geht, schaffte er den Aufstieg.

Zwischen 1979 und 1981 war der Vorgängerverein DSC Kaiserberg in der 1. Bundesliga vertreten, erlebte aber ein unrühmliches Ende. Weil damals der Passfälscher-Skandal, bei dem unter anderem der DSC im Hinterzimmer der Essener Kneipe „Schlüsselloch“ für kanadische Spieler deutsche Reisepässe kaufte, aufflog, kam es zum Punktabzug. Die peinlichen Vorfälle gipfelten im Abstieg. 1987 ging der DSC ebenso pleite wie 1991 der Nachfolge-Club DSV. Als Duisburger „Füchse“ begann der EVD hiernach in der 6. Liga von vorne und musste eine „Ochsentour“ bewältigen.

Jetzt ist Duisburg erstmals in der DEL und will dort untergehen. Der renommierte Nachbar DEG Metro Stars wurde bereits mit 5:2 bezwungen, auch Nürnberg und Augsburg gingen in Duisburg geschlagen vom Eis. Der EVD überzeugte durch kampfstarkes und relativ diszipliniertes Eishockey und bekam bei seinen vielen Auswärtsniederlagen ebenfalls Lob. „Ein bisschen schmeichelt das schon. Hoffentlich kommen bald noch mehr Vereine zu der Einsicht, dass es schwer ist, in Duisburg zu gewinnen“, hofft der Trainer.

Hegen, neben Bernhard Engelbrecht (Kassel) und Hans Zach (Köln) einer von nur drei deutschen DEL-Trainern, sieht das als Bestätigung seiner Arbeit. Aus Überzeugung arbeitet er lieber mit deutschen Spielern, von denen er gleich 16 im aktuellen Kader hat. „Im Laufe einer Saison werden sich die vielen Ausländer neutralisieren. Dann setzen sich die Teams mit den besseren Deutschen durch“, sagt Hegen, dessen Ziel es ist, „viele junge Leute auszubilden und die deutschen Talente zu halten.“ Seinem Stürmer Michael Waginger, mit 13 Treffern Shootingstar der Aufstiegsrunde, traut er den baldigen Sprung ins Nationalteam zu. Neben Verteidiger Toni Bader wurde Waginger nun in den Kandidatenkreis der Nationalmannschaft aufgenommen.

Das Risiko, in der von Ausländern dominierten DEL, Schiffbruch zu erleiden, nimmt Hegen in Kauf – und hat im Verein auch die nötige Rückendeckung. „Für uns zählt nur der Klassenerhalt, den können wir mit Hegen und seinem Kader schaffen“, sagt Ralf Pape, der als Hauptgesellschafter der starke Mann ist. Der Etat wurde im Vergleich zur Vorsaison auf 3,5 Millionen Euro zwar mehr als verdreifacht, ist für DEL-Verhältnisse aber dennoch schmal angesetzt. Durch die vielen Derbys sei der kalkulierte Zuschauerschnitt von 3.000 realistisch. Gegen Krefeld kamen nun über 4.000 Fans, in der Eishalle herrscht gute Stimmung. Das wenig erfolgsverwöhnte Publikum verzeiht auch Niederlagen.