: Heimliche Verschmelzung
ENERGIEKONZERNE Statt die SWB zu schlucken, schickt die EWE ihre Bremer Tochter auf einen Kooperationspfad – was beruhigend klingt. Und doch Fusion bedeutet
VON KLAUS WOLSCHNER
Mehrere hundert Arbeitsplätze seien bei der SWB in Bremen gefährdet, mit dieser Botschaft alarmierte der Betriebsratsvorsitzende der SWB, Peter Marrek, vor einem Jahr die Öffentlichkeit. Der Mutterkonzern EWE wolle die Tochterfirma verschmelzen und den Firmensitz Bremen auflösen.
Es gab Demonstrationen und Solidaritätsadressen von Bürgerschaft und Senat. Denn der beim Verkauf der SWB-Anteile vereinbarte Konsortialvertrag zwischen EWE und der Stadtgemeinde Bremen legt fest, dass der Firmensitz der SWB in Bremen bleiben soll – jedenfalls bis zum Jahre 2019. Seit Sommer ist es dann ruhig geworden – in der Öffentlichkeit. Intern wurde offenbar verhandelt. Das Ergebnis soll am 11. 12. 2012 dem Aufsichtsrat präsentiert werden: „Kooperationspfad“ ist der schöne Titel des vertraulichen Papiers. Es gehe um „Verstärkung der Zusammenarbeit“. In Prosa heißt das: Aufgabenfelder werden aus EWE und SWB herausgelöst und auf neue Service-Firmen übertragen.
Die Firmen SWB und EWE sollen erhalten bleiben – die vor einem Jahr angepeilten 30 Millionen Euro Sparpotenzial durch Effektivitätssteigerung sollen offenbar durch die Fusion von Aufgabenfeldern erreicht werden. Die Betriebsräte, die damals so lautstark protestierten, haben für sich in den Verhandlungen viel erreicht: Ein Vertrag zur „Zukunfts- und Beschäftigungssicherung“ (ZuB) wurde im Oktober unterzeichnet: „grundsätzlicher Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31. 12. 2020“ ist die Kernbotschaft. Es soll ein „konzerninterner Arbeitsmarkt“ zur Vermittlung von wegrationalisierten Jobs geschaffen werden. Wer in weiter entfernte Betriebsteile versetzt wird, soll Umzugskosten erstattet bekommen, für „tägliches Pendeln“ gibt es 400 Euro pro „Entfernungs-Mehr-km“. Der Auslagerungsprozess in Service-Firmen soll im kommenden Jahr beginnen, die jetzt aufgelisteten „weiteren Maßnahmen“ sollen im Verlaufe des Jahres 2013 „analysiert und dann im Anschluss daran umgesetzt“ werden. Betroffen sind schon im ersten Schritt alle zentralen Unternehmensbereiche, also Einkauf, Personal, Controlling, Finanz- und Rechnungswesen und IT. Die bisher getrennt von EWE und SWB organisierten Tochterfirmen für Erneuerbare Energie sollen in einer neuen Firma für erneuerbare Energie übertragen werden, dazu gehören auch die vier Biogas-Anlagen der EWE. Die neue Gesellschaft soll „Unterhalb der EWE-AG“ geführt werden. Auch die beiden Netzgesellschaften von EWE und SWB sollen ihre Zusammenarbeit verstärken „mit einem Ebit-Potential von zehn Millionen Euro bis 2015“. Mit der Kennziffer Ebit quantifizieren Unternehmen ihren Gewinn vor Zinsen und Steuern. Unter dem Namen „Abacus“ soll zudem ein konzernweites einheitliches IT-System eingeführt werden. Im Vertrieb soll eine „fachliche Harmonisierung im Hinblick auf Produkte, Preise und Marketing vorgenommen“ werden. Bei diesem Prozess der Verschmelzung „ist sicherzustellen, dass der SWB-Teilkonzern gegenüber der Energiesparte der EWE in Deutschland nicht benachteiligt wird“, heißt es in der Präambel des Strategiepapiers. Schon jetzt sind die Vorstände von EWE und SWB durch „Doppelmandate“ weitestgehend vernetzt. SWB-Chef Willem Schoeber war schon 2010 in den EWE-Konzernvorstand berufen und dort mit den Auslandsgeschäften in Polen und Türkei beschäftigt worden. Er scheidet zum Jahreswechsel aus. Der Kopf der SWB, Finanzvorstand Torsten Köhne, soll 2013 in Oldenburg Vorstand Erzeugung, Erneuerbare und Entsorgung werden.