piwik no script img

Der lange Arm der guatemaltekischen Armee-Mafia

Macht Vor knapp 30 Jahren wurde der Bischof und Menschenrechtsaktivist Juan Gerardi getötet. Sein Mörder dirigierte vom Knast aus die Geschehnisse

Selbst die Verlegung von Häftlingen ging kaum ohne Limas Okay über die Bühne

GUATEMALA-STADT taz | Bischof Juan Gerardi war Leiter einer kirchlichen Wahrheitskommission, die sich mit der Aufarbeitung der Verbrechen im guatemaltekischen Bürgerkrieg (1960–1996) beschäftigte. Im April 1998 stellte sie ihren Bericht unter dem Titel „Guatemala – nunca más“ („Nie wieder“) vor. Zwei Tage später, am 26. April, wurde Gerardi in der Garage seines Hauses von drei Armeeoffizieren mit einer Betonplatte brutal erschlagen. Unter den Tätern: Byron Lima, ehemaliger Hauptmann der guatemaltekischen Armee. 2001 wurde Lima zu einer dreißigjährigen Haftstrafe verurteilt.

Damit waren seine Machenschaften nicht beendet. Im Pavón-Gefängnis baute er ein kriminelles Netzwerk auf, welches de facto den gesamten Strafvollzugssektor unter Kontrolle hatte. „Es war Byron Lima, der die Befehle gab, und selbst die Leute im zuständigen Ministerium kuschten“, erklärt Cicig-Sprecher Arturo Aguilar. Selbst die Verlegung von Häftlingen im Strafvollzug ging in dieser Zeit kaum ohne das Okay von Lima über die Bühne, es flossen große Geldsummen.

Die Fragen, wie mächtig die militärisch-kriminellen Seilschaften im Land sind, beschäftigten Guatemala. „Das, was sich über Jahre, nein Jahrzehnte angestaut hatte, die latente Unzufriedenheit mit der Justiz, die ihrer Aufgabe nicht oder nicht ausreichend nachkommt, weil der Arm der organisierten Kriminalität und der Militärs so weit reicht, kam langsam ins Rutschen“, sagt die Menschenrechtlerin Claudia Samayoa.

Am 18. Juli 2016 wurde Byron Lima im Gefängnis ermordet. Bisher ist unklar, ob er Opfer von Machtkämpfen im Gefängnis wurde oder ob er zum Schweigen gebracht wurde, damit er die intellektuell Verantwortlichen des Mordes an Bischof Juan Gerardi nicht preisgeben kann. Knut Henkel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen