: Rüffel für Fluggastdatenspeicherung
EuGH Generalanwalt Mengozzi kritisiert uferlose Verwendung europäischer Daten in Kanada
Im geplanten Abkommen mit Kanada ist vorgesehen, dass die Daten aller Reisenden, die nach Kanada fliegen, dort fünf Jahre lang gespeichert und ausgewertet werden. Dies soll der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität dienen. Gespeichert werden 19 Daten pro Person, zum Beispiel Reiseziel, Reisepartner, Zahlungsmittel und Sonderwünsche beim Essen. Faktisch handelt es sich um eine Vorratsdatenspeicherung.
Das Europäische Parlament hat dem Abkommen noch nicht zugestimmt und 2014 beim EuGH ein Gutachten beantragt, ob der Vertrag mit der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar ist. Kurz zuvor hatte der EuGH die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telekom-Daten für nichtig erklärt, weil sie unverhältnismäßig in der Grundrechte Unverdächtiger eingreife. Die Abgeordneten wollten nun wissen, ob dies auch für die jahrelange Speicherung aller Fluggastdaten gilt.
Dass die Grundsatzentscheidung nun das Abkommen mit Kanada betrifft, ist chronologischer Zufall. Die EuGH-Entscheidung wird auch Auswirkungen auf bereits bestehende ähnliche Abkommen mit den USA und Australien haben. Außerdem hat die EU inzwischen eine eigene fünfjährige Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten beschlossen.
Generalanwalt Mengozzi, der das EuGH-Urteil vorbereitet, hält solche anlasslosen Speicherungen nicht generell für einen Verstoß gegen die EU-Grundrechte. Er verlangt in seinem Schlussantrag aber, dass bei der Auswertung der Daten tendenziell nur Personen als Treffer markiert werden, gegen die wirklich ein Verdacht besteht, dass sie Terroristen sind oder an schwerer grenzüberschreitender Kriminalität teilnehmen.
Konkret beanstandet Generalanwalt Mengozzi, das Abkommen stelle nicht sicher, dass der gewaltige Datenspeicher nur zur Aufklärung und Verhinderung von Terrorismus und schwerer grenzüberschreitender Kriminalität benutzt wird.
Zudem ermögliche es das Abkommen, dass Daten von europäischen Fluggästen an Behörden von Drittstaaten weitergegeben werden, ohne dass verhindert wird, dass diese die Daten ihrerseits wieder an andere Staaten weitergeben. Schließlich hätte das Abkommen Kanada nicht erlauben dürfen, auch „sensible“ Daten über Fluggäste zu sammeln und auszuwerten. Als sensibel gelten etwa Daten, die Aufschluss über Religion, Sexualität oder Gewerkschaftszugehörigkeit geben.
Sollte der EuGH dem Generalanwalt folgen, was bei hochpolitischen Verfahren kein Automatismus ist, müssten die Europäische Union und Kanada nachverhandeln. (Az.: 1/15) Christian Rath
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