: Kultur gegen Ausgrenzung
MIGRATION Zum 14. Mal bieten die „MigrantInnentage“ im Kulturzentrum Lagerhaus ein vielfältiges Programm mit politischen Diskussionen, Konzerten und Lesungen
■ Fr, 14. 12., 18 Uhr: „Die Migrantin in der Politik“, Podiumsdiskussion; anschließend um 21.30 Uhr: Paula Darwish & The Country und Western Band, Lagerhaussaal, Eintritt frei
■ Sa, 15. 12., 19.30 Uhr: Osman Engin, Lesung, Lagerhaussaal
■ So, 16. 12., 14.30 Uhr: Konzert in Erinnerung an Ruhi Su, Bürgerhaus Mahndorf
■ Bis 7. 1.2013: „Expresión Perú“, Ausstellung im Lagerhauscafé
■ Weitere Informationen zum Programm im Internet unter www.migration-bremen.de und www.kulturzentrum-lagerhaus.de/migration
VON JENS LALOIRE
„Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert“, behauptete Bundeskanzlerin Angela Merkel im Herbst 2010 auf einem Deutschlandtag der Jungen Union. Auch der SPD-Politiker Heinz Buschkowsky vertritt diese These in seinem Buch „Neukölln ist überall“, das sich seit Wochen in den Sachbuch-Bestsellerlisten tummelt.
Recai Aytas, Migrationsreferent im Bremer Kulturzentrum Lagerhaus, hält nicht viel von solchen Aussagen, mit denen Politiker lediglich versuchen würden, „Diskussionen zu steuern“. Ihm sei es viel wichtiger, darauf hinzuweisen, wie die verschiedenen Kulturen die Gesellschaft bereichern. Schließlich gebe es allein in Bremen eine Vielzahl von Ethnien, „die gerne miteinander zusammenleben wollen“.
Genau genommen sind es derzeit 184.000 Menschen mit Migrationshintergrund aus über 160 ethnischen Gruppen, die im Land Bremen leben. Allein diese Zahl verdeutlicht, wie bunt durchmischt unsere Gesellschaft ist. Diverse Kulturen sowie Mehrsprachigkeit sind an sich nichts Exotisches mehr, sondern gehören zum Alltag eines Großstädters. Dennoch gestaltet sich das Zusammenleben nicht immer so einfach, wie sich das viele wünschen: Weiterhin werden Menschen mit Migrationshintergrund mit Ausgrenzung, Vorurteilen oder Repressionen konfrontiert. Um darauf aufmerksam zu machen, veranstaltet der Migrationsbereich des Lagerhauses bereits zum 14. Mal die „MigrantInnentage – gegen Ausgrenzung“.
Seit Anfang Dezember laufen Veranstaltungen zum diesjährigen Schwerpunkt „Ethnien und Migration“. Das Programm ist vielfältig, neben Podiumsdiskussionen gibt es Konzerte, Lesungen und (bis zum 7. Januar im Lagerhauscafé) eine Ausstellung peruanischer Künstler.
„Kultur hat immer eine große Akzeptanz“, sagt Recai Aytas, „politische Themen hingegen werden oft ausgegrenzt.“ Dass politische Debatten jedoch wichtig sind, hat in der vergangenen Woche unter anderem ein Fachtag im DGB-Haus gezeigt. Dort wurde mit Vertretern der Bremer Polizei darüber diskutiert, inwiefern es diskriminierende Vorgehensweisen in der Polizei sowie anderen Behörden gibt. Ausgangspunkt des Fachtages waren Studien, die belegen, dass häufig Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen allein oder wesentlich auf Kriterien wie der zugeschriebenen ethnischen Zugehörigkeit oder „Hautfarbe“ einer Person basieren. Ein solches sogenanntes „ethnisches Profiling“ verstößt eindeutig gegen das Verbot rassistischer Diskriminierung.
Recai Aytas hat selbst eine Vielzahl solcher Erfahrungen machen müssen. Obwohl er seit 24 Jahren in Deutschland lebe und seit 20 Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, müsse er vor allem bei den Sicherheitskontrollen an Flughäfen immer wieder erleben, dass er genauer unter die Lupe genommen wird als Passagiere ohne Migrationshintergrund.
Die MigrantInnentage sollen auf solche Missstände hinweisen und eine Plattform für Diskussionen bieten. So wird es am morgigen Freitag im Lagerhaussaal eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Migrantin in der Politik“ geben. Mit dabei sein werden Zahra Mohammadzadeh, Sülmez Dogan, Valentina Tuchel und Ruken Aytas, die sich seit vielen Jahren erfolgreich und aktiv in der Politik engagieren. Von ihrer Motivation, ihren politischen Erfahrungen und Zielen werden sie während der Diskussion berichten.
Damit die Kultur nicht zu kurz kommt, gibt es anschließend ein Konzert mit der jordanisch-englischen Sängerin Paula Darwish in Begleitung ihrer Country-&-Eastern-Band. Bereits einen Tag später, am Samstagabend, gibt es eine Lesung mit dem in Bremen lebenden Satiriker Osman Engin, der in seinen neuesten Geschichten zum deutsch-türkischen Alltag mal wieder beweisen wird, dass man sich dem Thema „Multikulti“ auch humorvoll nähern kann.