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heute in hamburg„Forschung wird ignoriert“

Insekten Die Wissenskünstlerin Cornelia Hesse-Honegger zeigt die Gefahren schwacher Strahlung

Foto: Mario Heller
Cornelia Hesse-Honegger

71, erforscht die Wirkung radioaktiver Strahlung und malt die deformierten Forschungsobjekte

taz: Frau Hesse-Honegger, was haben die Käfer, die Sie malen, mit uns Menschen zu tun?

Cornelia Hesse-Honegger: Die Exemplare, die ich male, sind auf Grund radioaktiver Strahlung deformiert – und die betrifft uns alle. Menschliche Zellen sind dafür genauso anfällig wie die eines Insekts.

Wie gefährlich ist schon schwache Strahlung?

Schwache Strahlung ist extrem gefährlich. Besonders, wenn sie kontinuierlich strahlt. Ich habe viele deformierte Insekten in der Nähe von Atomkraftwerken gefunden. Niedrigstrahlung wird als harmlos eingestuft, weil sonst kein Atomkraftwerk gebaut werden dürfte. Die Atom-Lobby ist da stärker als die Wissenschaft.

Was hat sich seit Tschernobyl geändert?

Die Katastrophe von Tschernobyl hat das Bewusstsein für die Gefahr, der wir durch Atomenergie ausgesetzt sind, verändert. Heute gibt es eine öffentliche Diskussion, und es wird nach Alternativen gesucht. Außerdem wurden die Gefahren stärker erforscht. Leider wird diese Forschung oft ignoriert.

Ist Atomenergie zwangsläufig umweltschädlich?

Atomenergie ist schädlich vom Uranabbau, der strahlende Schlammbäder zurücklässt, über die Atomkraftwerke, die ihre Umgebung kontinuierlich bestrahlen, bis hin zum Atommüll, der sich jährlich um 12.000 Tonnen vermehrt.

Ist eine Stromversorgung frei von Atomenergie realistisch?

Die Menschheit hat schon so viel vollbracht. Wir waren auf dem Mond. Es sollte möglich sein, Energie zu produzieren, ohne die Umwelt zu zerstören.

Sie werden als Wissenskünstlerin bezeichnet. Was bedeutet das?

Die Forschung war mir schon immer wichtig. Die Darstellung der Ergebnisse allerdings auch. Für mich ist das eine Einheit.

Werden Sie von beiden Seiten, der Wissenschaft und der Kunst, ernst genommen?

Viele Wissenschaftler sehen meine Insektenforschung als nicht übertragbar auf den Menschen. Zu viele von ihnen halten noch an dem Irrglauben fest, dass Niedrigstrahlung den Menschen nicht beeinflusse. Als echte Künstlerin werde ich auch nicht wahrgenommen. Doch darum geht es mir auch nicht. Ich möchte einfach auf das Problem aufmerksam machen. Ich kann sagen, ich bin extrem zufrieden mit dem, was ich tue.

INTERVIEW: ANTONIUS TIX

Vortrag zum Buch „Macht der schwachen Strahlung“: 18 Uhr im Bunker, Feldstraße 66, Eintritt frei

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