: Lehren aus NSU-Taten
RESSENTIMENTS Der Koordinationsrat der Muslime fordert einen jährlichen Rassismusbericht
BERLIN taz | Ein Jahr nach dem Bekanntwerden des NSU-Terrors klagt der Koordinationsrat der Muslime, dass die Aufklärung nur schleppend vorankommt und die Islamfeindlichkeit in der Gesellschaft weiter zunimmt. „Wir machen uns große Sorgen um unsere Sicherheit“, sagte Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, am Mittwoch in Berlin.
Die muslimischen Organisationen fordern, rassistische Straftaten mit Nachdruck zu verfolgen. Ein NPD-Verbot reiche nicht aus, so Bekir Alboga von der DiTiB: „Rechtsextremismus entsteht nicht in einem luftleeren Rau, sondern in der Mitte der Gesellschaft.“ Rassistische Akteure müssten daher früh genug entlarvt werden.
Der Dachverband der vier größten islamischen Organisationen in Deutschland legte ein Dossier zu den NSU-Morden und deren gesellschaftlichen Folgen vor. Darin fordert er beispielsweise einen jährlichen Rassismusbericht. Die Behörden waren der Terrorzelle über zehn Jahre lang nicht auf die Spur gekommen, weil sie den rechtsextremen Hintergrund der Taten nicht erkannt hatten. Deshalb sollten rassistische Straftaten in der Kriminalstatistik in einer eigenen Rubrik erfasst werden und nicht unter „politisch motivierte Kriminalität“. „Nur so können wir das Ausmaß und die Entwicklung dieses Phänomens erfassen“, so Mazyek.
Der Koordinationsrat kritisierte, dass sich die Sicherheitsbehörden auf islamistischen Terror konzentrierten und so ein Klima der Islamfeindlichkeit erzeugten. Im Schatten dieser Stimmung konnten die Morde erst passieren. An diesem Klima habe sich wenig geändert: Auf islamfeindlichen Internetseiten werde immer noch gegen Muslime gehetzt. Der Sprecher des Koordinationsrats Erol Pürlü forderte, die Betreiber dieser Seiten juristisch zu verfolgen: „Wir müssen den Einfluss von Hetzseiten eindämmen.“
Pürlü lobte die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestages. Doch mitunter werde der behindert, etwa durch Aktenschreddern und Gedächtnislücken. „2013 muss anders werden“, sagte er. JULIA AMBERGER