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Archiv-Artikel

Poldi allein zu Haus

Das neue Fußballmagazin „Player“ brettert Herrn Podolski über 37 Seiten und folgt brav dem alten Kutten-Schlachtruf „Fußball! Ficken! Alkohol!“

VON RENÉ MARTENS

Als die ersten Informationen zum neuen Fußball-Monatsmagazin Player kursierten, erstaunte vor allem die angekündigte Länge der Titelstrecke. Von bis zu 60 Seiten war die Rede. Solche dicken Schwerpunkte kriegt normalerweise nur die halbgöttliche Münchener Filmzeitschrift Steadycam hin, aber die erscheint ja auch nur einmal im Jahr. Der Titelgeschichten-Komplex der ersten Ausgabe von Player, Lukas Podolski gewidmet, ist nun immerhin 37 Seiten stark. Dafür sieht er aus wie von der Straßenbahn geknutscht. Und dann kommt Poldi als Fotomodel, Poldi als stürmender Bubi und Poldi allein im Kino – damit lässt sich einiges an Platz füllen.

Hinter dem Heft, das seit gestern auf dem Markt ist, steht die B & D-Verlagsgruppe aus Hamburg-Eppendorf, die die Republik sonst mit der Lifestyle-Gazette Blond und diversen Trendsportmagazinen beglückt. Der Untertitel von Player lautet „Fußball / People / Style“. Das im August getestete Konkurrenzblatt Champ, über dessen Zukunft die Motor Presse Stuttgart Ende Oktober entscheidet, schmückt sein Logo mit der Unterzeile „Fußball, Formel 1 & mehr“. Da wird man das Gefühl nicht los, dass beiden als formale Inspiration der alte Kutten-Schlachtruf „Fußball! Ficken! Alkohol!“ gedient hat.

Die treibenden Kräfte von Player, Chefredakteur Oliver Wurm und Fotochef Ulli Glantz, werkelten vorher bei Max. Ein Teil ihrer Arbeitszeit geht nun für „hintergründige Abendessen“ drauf, bei denen sie gemeinsam mit ihren zukünftigen Coverhelden die Player-typischen Titel-Marathons vorbereiten.

Manche Fußballjournalisten bezweifeln indes, dass die Stars bereit sind, in ihrem umfangreichen Terminplan noch plauschige Dinner und aufwändige Shootings unterzubringen. Macht nichts: Obwohl Wurm verspricht, der Leser könne „in Fotooptiken baden, gibt er sich auch bodenständig: „Wir sind nicht die Park Avenue des Fußballs“.

Tatsächlich ist das Layout von Player (Preis: 2,90 Euro) nicht edel, sondern wild und laut, vor allem im ersten Drittel, dem kalendarisch strukturierten „Spielplan“.

Und wer soll das kaufen? Der typische Leser, so Wurm, „geht nicht regelmäßig ins Stadion“, sondern verfolge das Geschehen „intensiv“ im Fernsehen. „Für eine schöne Frau“ lasse er durchaus die Sportschau sausen, „schielt aber unterwegs aufs Handy, um zu wissen, wie die Spiele ausgegangen sind“. Den erhofften Anteil der Frauen der Leserschaft beziffert Wurm auf „25 Prozent“, ohne auszuführen, wen die der Sportschau vorziehen. Sein Konzept laut Editorial: „Lieber ein 4:3 mit großer Show und ein paar Fehlern als ein nüchtern verwaltetes 1:0.

Die erste Nummer ist, um im Bild zu bleiben, eher wie ein 4:4. Es gibt schön herausgespielte Treffer – die Befragung aller noch lebenden Nationalkeeper zur Kahn-Lehmann-Debatte, die Zusammenfassung aller Gerd-Müller-Tore in einer Grafik. Aber auch slapstickhafte Eigentore. Die fallen immer dann, wenn die Redaktion krampfhaft zusammenzubringen versucht, was nicht zusammengehört. Um eine Produktpornoseite mit Duschgels zu rechtfertigen, platziert sie gegenüber ein – zugegeben: grandioses – Foto, auf dem ein zur Schlammwüste deformierter Rasen und waschbedürftige Spieler zu sehen sind. Die Headline lautet „Dusch dich like Beckham (es gibt eine Becks-„Pflegelinie“), und im Vorspann preist die Redaktion „Pflegeprodukte für die dritte Halbzeit“. Für die dritte Halbzeit brauchte man bisher Schlagkraft und ein stabiles Nasenbein, aber vielleicht sind die Player lesenden Hools lernfähig.

Noch drolliger: die Mischung aus „Titanic und gedrucktem DSF“, die die Redaktion mit dem Ex-Schiri Bernd Heynemann kreiert hat. Der Magdeburger, der sonst für die CDU im Bundestag hockt, probiert für Player Handys aus. Interview-Auszug: „Sind Sie ein Handy-Freak?“ – „Mein Handy ist immer auf Empfang“ – „Immer? Auch im Plenarsaal des Bundestags?“ – „Ja, da allerdings stelle ich auf Vibrationsalarm.“ Aber ein „Handy mit Musik“, so der Christdemokrat, sei „besser als jedes Pfeifkonzert“. Das Leben auf der Hinterbank muss, trotz Vibrationsalarms, ganz schön öde zu sein.