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Idee: Erst leihen, dann kaufen

Mobilität Gase-Hersteller Linde schickt 50 Autos mit Brennstoffzellenantrieb als Leihwagen auf die Straße. Aber noch fehlen vielerorts Wasserstofftankstellen

Mehr Reichweite als ein Elektroauto Foto: Peter Kneffel/dpa

Von Richard Rother

BERLIN taz | Es könnte funktionieren wie beim Windsurfen oder Stehpaddeln: Wer im Urlaub Gefallen an der ungewohnten Bewegung auf geborgten Brettern gefunden hat, könnte sich irgendwann selbst welche zulegen. Und sich künftig nur noch auf Brettern fortbewegen – zumindest auf dem Wasser. An Land jedoch soll es, so wünschen es viele, ein Auto sein, im besten Falle emissionsfrei. Weil vielen Autofahrern aber Elek­troautos wegen geringer Reichweiten und langer Aufladezeiten nicht ganz geheuer sind, hat sich nun eine Münchner Autovermietung etwas Neues ausgedacht: Die Firma BeeZero stellt ab dem heutigen Dienstag 50 Brennstoffzellen-Fahrzeuge zur Verfügung, um diese Form der umweltschonenden Automobilität bekannter zu machen.

Die Firma nutzt Autos des koreanischen Herstellers Hyun­dai; diese haben statt Benzin oder Diesel Wasserstoff im Tank, der von einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird und einen Elektromotor antreibt. „Das reicht für 400 Kilometer“, sagte Firmensprecher Thomas Schäfer. Aus dem Auspuff kommt nur Wasserdampf. Damit ist, wie bei Elektroautos, auf der Straße zumindest der Antrieb emissionsfrei. Allerdings sorgen Reifenabrieb, Bremsen und Aufwirbelungen für Feinstaubemissionen – wie bei allen Autos.

Zudem muss bei der Ökobilanz berücksichtigt werden, wie der Kraftstoff erzeugt wird. Anders als die fossilen Kraftstoffe Benzin, Diesel und Erdgas können aber Strom und Wasserstoff regenerativ gewonnen werden. Langfristig könnte zumindest Wasserstoff durchaus eine Alternative sein. Gerade bei großen Fahrzeugen, insbesondere Lkws und Bussen, ergibt es wenig Sinn, sie mit tonnenschweren Antriebsbatterien auszustatten.

BeeZero gehört dem Chemiekonzern Linde, der Wasserstoff herstellt, und ist eine Art Werbeveranstaltung. „Wir versuchen, die Leute für eine gute Technik zu begeistern, Aufmerksamkeit zu schaffen“, erklärt Schäfer. „Der Aha-Effekt, darum geht’s uns.“ Die Mietpreise liegen auf dem Niveau anderer Anbieter. Die Zielgruppe seien Kunden, die eine etwas längere Strecke oder einen Wochenendtrip machen oder einfach einmal ein Auto mit Wasserstoff und Brennstoffzelle ausprobieren wollen. Die Technik bietet mehr Reichweite als eine Batterie, vor allem im Winter in den Bergen, und das Tanken dauert nur wenige Minuten.

Wasserstoff lässt sich leicht aus überschüssigem Windstrom gewinnen

Dass Autovermieter neue Antriebstechnologien bekannter machen können, ist dabei nichts Neues. Wer einmal mit einem geliehenen Elektroauto durch die Stadt gesurrt ist, weiß, dass das kein Hexenwerk ist. So könnte es auch bei der Brennstoffzelle laufen. Schade nur, dass BeeZero seine Kunden distanzlos duzt wie ein Teenager-Radiosender. Dabei dürfte die potenzielle Kundschaft deutlich älter sein.

Hindernisse auf dem Weg zur Brennstoffzellen-Mobilität sind nicht nur die hohen Fahrzeugpreise (auch aufgrund geringer Stückzahlen), sondern vor allem die rudimentäre Tankstelleninfrastruktur. Bislang gibt es in Deutschland erst 20, in zwei Jahren sollen es 100 sein.

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