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Errungenschaft der Justiz

betr.: „Dichtung und Wahrheit: Wenn Richter Germanisten spielen“, taz vom 8. 8. 2016

Wunderbar: Das Naumburger OLG spricht ehemaligen Bürgermeister frei von der Beschuldigung der Holocaust-Verharmlosung. Das steht in der Tradition der jahrzehntelangen Verschleppung der Verfolgung von Naziverbrechern, die so bis ins hohe Alter ein gemütliches Leben führten. Wurden jetzt mal ein paar Greise verurteilt, um noch einige Monate, eventuell Jahre, als haftunfähig ihrem Ende entgegenzusehen, wird dies auch noch als Errungenschaft der Justiz bejubelt. Nun hat der ehemalige Bürgermeister von Krauschwitz so ein komisches Gedicht verfasst und Richter haben sich an eine Interpretation gewagt, die eher Germanisten zusteht. Und wenn da drinsteht: „Auschwitz, Majdanek – wann platzt die nächste Lüge?“ – könnte man meinen, wer darin nicht eine Leugnung der Vernichtungslager sieht, muss mindestens dämlich sein. Claudia Rieg-Appleson,München

Die besseren Gedenkarbeiter

betr.: „Das richtige Gedenken“, taz vom 8. 8. 16

Die Frage nach dem richtigen Gedenken hat auch in einer Kleinstadt wie Wittlich, Eifel, die Gemüter erhitzt. Nach heftiger Diskussion haben sich die in der Gedenkarbeit Engagierten mehrheitlich gegen die Stolpersteine ausgesprochen. In dieser Stadt gibt es eine lebendige Gedenkkultur: Eine als Ort für vielfältige kulturelle Veranstaltungen restaurierte Synagoge, ein kleines Jüdisches Museum, ein Mahnmal für die Opfer eines hiesigen Außenlagers des KZ Hinzert und das einzige Mahnmal für Zwangsarbeiter beim Bau der Autobahn in den Jahren 1939 bis 1942 an einer Autobahn- und Radwegekirche. Regelmäßig finden unterschiedliche Gedenkveranstaltungen statt. Ein hier angesiedeltes Institut der Universität Trier und der Theologischen Fakultät Trier, nach dem letzten Synagogenvorsteher Emil-Frank-Institut benannt, trägt mit seiner Bildungsarbeit, Bibliothek und Mediathek wesentlich zum Gedenken bei. In der Synagoge ist zudem ein Gedenkstein, auf dem alle jüdischen Mitbürger verzeichnet sind, die aus Wittlich stammen und im Holocaust umkamen. Stolpersteine wären weithin eine Doppelung und zudem gäbe es Opfer erster und zweiter Klasse, da nicht für alle Opfer Stolpersteine verlegt werden könnten. In manchen Orten sind sie sicher sinnvoll.

Zu kritisieren ist, dass diejenigen, die sich für Stolpersteine entscheiden, häufig die, die sich dagegen entscheiden, moralisch abqualifizieren, sich für die besseren Gedenkarbeiter halten. Das widerspricht dem Sinn von Gedenkarbeit. Das Argument, nicht auf die Steine mit den Namen treten zu wollen, ist ernst zu nehmen. Wolfram Viertelhaus,Wittlich

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