: Schlaues Haus mit Rechenschwäche
Negativ-PR Eine mit Smarttechnologie aufgepimpte City-Immobilie sollte für Oldenburg als Wissenschaftststandort werben – finanziert war sie mit illegalen Tricks
Kooperativ waren laut Staatsanwaltschaft Oldenburg die Carl-von-Ossietzky-Uni und die Jade-Hochschule, als die Akten bezüglich des 2012 eröffneten „Schlauen Hauses“ sichergestellt wurden. „Die müssen wir jetzt erst mal auswerten“, so Staatsanwältin Carolin Castagna zur taz. Untreue lautet der Vorwurf. Auslöser war eine Anzeige des Bundes der Steuerzahler und zuvor ein Bericht des Landesrechnungshofs.
Das „Schlaue Haus“ hatten Uni und Hochschule ab 2010 über eine gemeinnützige GmbH realisiert. Es sollte für Oldenburg als Wissenschaftsstandort werben. Integriert in ein Bürgerhaus des 16. Jahrhunderts, wurden Smart-Home-Technologien vom Nachschub ordernden Kühlschrank bis zur selbstregulierenden Heizung vorgeführt. Zudem dient es als Veranstaltungsort.
Inoffiziell hatte es auch Denkmalfunktion: Gerd Schwandner, bis 2014 Oberbürgermeister, hatte das Projekt forciert, auch nachdem es im Rat 2009 durchgefallen war. Beide Hochschulen waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur unter kommissarischer Leitung, was für die Durchsetzung der Pläne günstig gewesen zu sein scheint. Auch das Wissenschaftsministerium wirkte mit: Dessen Chef war damals der Oldenburger CDU-Mann Lutz Stratmann, der Schwandner 2007 als OB-Kandidaten entdeckt hatte.
„Die Entscheidung der alten Landesregierung, das ‚Schlaue Haus‘ herzurichten, war ein Fehler“, so Niedersachsens aktuelle Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajić (Grüne) Ende Juli. Zumal das ‚Schlaue Haus‘ eine Rechenschwäche hatte: Schon an den Baukosten wäre es pleite gegangen, hätten Uni und Hochschule nicht für mehr als 20 Jahre im Voraus 3,1 Millionen Euro Miete überwiesen. Das aber ist verboten. Es widerspreche „in eklatanter Weise dem haushaltsrechtlichen Vorleistungsverbot“, so der Landesrechnungshof. Schwandner, mittlerweile Berater im China-Handel, war nicht zu erreichen. BeS
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