Brotige Zeiten: Verelendung und Veredelung:
Wenn in einer Straße ein leerer Laden neu vermietet wird, dann kann man sich sicher sein, dass entweder ein Nagelstudio oder eine Bäckerei einzieht. Das heißt: „Bäckerei“ ist das falsche Wort. Denn es gibt ja immer weniger echte Bäckereien. Die meisten „Back-Shops“ sind sowieso nur Aufwärmbuden, in denen muffige, minderwertige, vorgefertigte Teigwaren aufgebacken werden. Der Verelendung des Backgewerbes steht die Veredelung des Biowesens gegenüber. Dazu passt, dass es nun einen „Brotsommelier“ gibt, wie dpa am Montag berichtete. „Der erste und bisher einzige staatlich geprüfte Brotsommelier … gibt Tipps, welches Brot zu welcher Speise passt und umgekehrt.“ Und da darf das Veredelungswort „Kultur“ nicht fehlen, wenn die Brotleuchte „alles über deutsche und internationale Brotkultur“ weiß und „das Mundgefühl und die Krumenstruktur“ beschreibt. Irgendetwas stimmt nicht in dieser brotigen Welt, wenn neunzig Prozent der Menschen Teigmüll in sich hineinschieben und zehn Prozent einen „Brotsommelier“ brauchen. Gib uns unseren täglichen Schwachsinn heute.
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