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Der Oud-Spieler schüttelt seine Mähne

KonzertDas arabische Kollektiv Alif rockt in einer innigen Umarmung von West und Ost in der Berghain-Kantine

Eine Rockband. Die Musiker machten ihre Arbeit, wie man sie in einer Rockband eben so macht. Der Bassist, prinzipiell stoisch. Wenn es ihn mal wirklich mitriss in seiner Musik, wankte er für einen knappen Augenblick nach vorn, um dann gleich wieder das stoische Normalmaß einzunehmen, während der Gitarrist wild die Mähne schüttelte und ekstatisch zuckte in seinem Spiel. Der Sänger, natürlich sich leidenschaftlich verausgabend.

Wobei der Gitarrist hier gar nicht die Gitarre spielte, sondern die Oud, die arabische Laute. Und der Sänger begleitete sich an der Buzuq, der arabischen Entsprechung der griechischen Bouzouki oder türkischen Saz.

Was so die Band schon zu etwas Besonderem macht, weil nun die Oud wirklich nicht das Leitinstrument ist im Westen und im Rock, und der Rock eben nicht unbedingt die Leitmusik im arabischen Raum, aus dem die Musiker der Band kommen. Womit man aber, hier wie da, ja mal anfangen kann mit der Überzeugungsarbeit, das zu ändern mit den Anleitungen, und vielleicht hat sich die Band deswegen ziemlich unbescheiden Alif genannt. Alif ist der erste Buchstabe des arabischen Alphabets.

Am Freitag präsentierte sich die Band in der Berghain-Kantine und konnte zumindest das Publikum dort gleich überzeugen von ihrem Ansatz. Ohne abwartendes Fremdeln antwortete man vom Fleck weg mit einer wiegenden Bewegung im Saal. Tanzte in der Musik, in der sich östliche und westliche Klänge, Rhythmen und Melodien so innig umarmen, dass meist nicht mehr wirklich unterschieden werden konnte, von wo sie gerade herkamen, Ost oder West, wenn sich Postrock etwa langsam und fast unmerklich ins Orientalische verschob.

Jedenfalls verzichten Alif auf das üppige Blumenbouquet des Arabesken. Orientalische Ornamentik ist knapp und straff gehalten. Stattdessen hörte man mehr von einem existentialistischen Grundanstrich und von Dringlichkeit bei der zwischen Kairo, Beirut und London verorteten Band. Weil sie nicht die üblichen Liebeslieder spielen will und stattdessen zum Beispiel von geschundenen und gefolterten Leichenkörpern erzählt, wie in dem Lied „Al-Juththa“ (The Corpse) mit einem Text des irakischen Dichters Sargon Boulus.

Einfach toll

Auch dieses Lied ist auf dem im vergangenen Jahr erschienenen Debütalbum „Aynama-Rtama“ von Alif zu hören. Veröffentlicht wurde das Album auf dem Indielabel Nawa Recordings, das von Khyam Allami gegründet wurde, dem Oud-Spieler Alifs. In seiner Person spiegelt sich überhaupt die Verfasstheit der Band mit den aus Ägypten, Palästina oder dem Libanon kommenden Musikern.

Allami, Jahrgang 1981, ist irakischer Herkunft, geboren in Damaskus, Syrien, und aufgewachsen in London, wo er auch in Punk- und Metalbands spielte, bis er sich dem intensiven Studium der Oud zuwandte. Was ihn erst mal ziemlich weg vom Rock führte und hin zur klassischen arabischen Musik, die jetzt wieder in einem integrativen Ansatz bei Alif einfließt.

Was, in der Berghain-Kantine war es zu hören, einfach toll klingt, ohne didaktische Fingerzeige. Es rockte, einfach so.

Thomas Mauch

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