Lobbyist der Woche: Der alte König schweigt
Ob die Essener SPD nun „House of Cards“-mäßig von Intrigen geprägt ist oder doch schon epische Schlachten ficht wie bei „Game of Thrones“, darüber streiten die Exegeten noch. Im Ortsverband Essen-Frohnhausen hingegen wird tüchtig zusammengehalten gegen böse Gerüchte. Dafür sorgt Ehrenvorsitzender Otto Reschke (Foto) höchstpersönlich.
Reschke gilt als politischer Ziehvater und enger Vertrauter von Petra Hinz. Der ehemalige Bergmann, inzwischen 74, saß von 1980 bis 1998 für die SPD im Bundestag. Wen er förderte, so heißt es aus Essen, aus dem wurde was. Petra Hinz wurde Bundestagsabgeordnete. Mit falschem Staatsexamen. „Ich habe nie daran gezweifelt, dass sie Juristin ist“, erklärt Reschke nun in der Zeit.
Mehr noch: Nicht mal ein Gerücht sei ihm zu Ohren gekommen, dass Hinz ihre Vita gefälscht habe. Das erscheint nicht nur im Lichte des jahrzehntelangen Zusammenhalts der beiden einigermaßen unplausibel. Denn Otto Reschke gilt in Essen als Strippenzieher. So jemand kennt nicht nur alle Gerüchte. Er macht mit ihnen Politik. Passend dazu häufen sich nun Stimmen, die von Zweifeln an Hinz‘ Vita schon in den 80er Jahren berichten, welche Reschke damals rüde abgebügelt habe, um seinen Zögling zu schützen. So völlig ahnungslos, wie er sich gibt, dürfte der alte König von Frohnhausen kaum gewesen sein.
Wozu also das übertriebene Zurückweisen auch nur eines Verdachts? Seinen eigenen Ruf wird Reschke damit eher nicht retten – ein politischer Mentor, der ausgerechnet so ein wackliges Lügengebilde nicht mitbekam? Also bitte. Für Petra Hinz kann er sowieso nichts mehr tun. Und der Partei schadet so etwas noch, ist es doch gerade Unglaubwürdigkeit, die die SPD am wenigsten gebrauchen kann – nicht nur in Essen. Johanna Roth
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