piwik no script img

heute in Bremen„Es geht nur besetzt“

SUBKULTUR Nutzer des „Alten Sportamts“ planen trotz Räumungsandrohung Programm für August

Nancy

Anfang 30, heißt eigentlich anders und ist seit Beginn des Projektes 2011 im „Alten Sportamt“ aktiv.

taz: Nancy, Sie planen für das „Alte Sportamt“ tatsächlich ein Programm für den August?

Nancy: Wir machen weiter wie bisher: Es wird zwei große Partys geben, das Salsa-Tanzen, das Mitmach-Café und das zur Psychiatrie-Kritik, vielleicht anarchistische Kinoabende und ein Puppentheater aus den USA. August ist der beste Monat für Veranstaltungen im Freien.

Dabei wurden Sie von der Finanzsenatorin aufgefordert, das Haus am Weserdeich bis zum 31. Juli zu verlassen…

Wir werden nicht gehen. Das nächste Konzert ist für den 1. August geplant.

Wie schnell erwarten Sie die Polizei?

Wir rechnen damit, dass die Stadt den offiziellen Weg geht und Räumungsklage einreicht – anders als etwa in Berlin, wo die Rigaer Straße durch die Polizei vorschnell geräumt wurde.

Welche Eskalation ist von Ihnen zu erwarten?

Wir haben kein Interesse an einer Eskalation. Auf die Polizei können wir verzichten. Auf das, was außerhalb des Geländes passiert, wenn hunderte Polizisten vor der Tür stehen, haben wir keinen Einfluss. Als Verein sind wir bisher immer gut damit gefahren, nüchtern und sachlich zu bleiben.

Gespräche laufen nicht mehr. Was ist Ihre Strategie?

Rechtlich haben wir wohl wenig Chancen, aber politisch können wir noch gewinnen. Wir hoffen auf eine große Öffentlichkeit, die sich hinter uns stellt und haben eine Unterschriften-Aktion gestartet.

Warum meinen Sie, sich nicht an Gesetze halten zu müssen?

Die Zwischennutzung im „Alten Sportamt“ lief über fünf Jahre offiziell. In der Zeit haben wir immer versucht, eine langfristige Perspektive zu erreichen. Dann wollte die Stadt uns letztes Jahr rausschmeißen, die Verhandlungen sind gescheitert. Und uns wurde klar: Es geht nur besetzt – und das seit nunmehr einem Jahr. Bis heute sind wir ein offener Kulturraum für alle. Dass wir uns an Gesetze, die das unmöglich machen, nicht halten, finden wir gerechtfertigt.

Das Gebiet des Sportamts ist im Überschwemmungsgebiet der Weser. Ist Ihnen das egal?

Es gibt eine akute Hochwasser-Gefahr im Winter. Aber nebenan finden im Weser-Stadion ganzjährig Fußballspiele mit 40.000 Zuschauern statt. Wir haben selbst kein Interesse, Veranstaltungen zu machen, wenn das Wasser kurz vor dem Deich steht. Bremen ist im Winter total kalt. Während der Zeit der offiziellen Zwischennutzung durften wir nur im Sommer Veranstaltungen machen, was überhaupt kein Problem war. Nur, dass uns die Nutzungserlaubnis jedes Jahr aufs Neue nur kurzfristig erteilt wurde, war totaler Mist.

Interview:jpb

Heute: Plenum nur für NutzerInnen. 31.7., 16 Uhr: Café und Konzert mit Betty Beats. 1.8., 20 Uhr: Konzert mit „Dividing Lines“ und „Gothic Pogo“. Mehr Infos und die Solidaritäts-Erklärung: https://www.altes-sportamt.de/

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen