: Adieu les Bleus, merci, Frankreich
Schluss mit Analyse – zurück zum Ball!
vonHarriet Wolff
Natürlich kamen uns am Sonntagabend die Tränen, als Ronaldo die Tränen kamen. Natürlich beömmelten wir uns über die Pariser Stadion-Motten, umso mehr als ihre Berliner Kollegen nach dem Éder-Tor Angriffe auf den heimischen Bildschirm flogen. Nicht natürlich war, dass wir Mitleid bekamen mit dem tristen Duo Valls/Hollande, das am Ende arg verloren herumstand. Wenigstens der portugiesische Trainer hätte diesen Losern stilvoll begegnen können, aber nein, ein fahriger Händedruck.
Natürlich waren wir froh, als gleich zu Beginn die teigige Closing Ceremony auch schon wieder zum Ende kam und mit ihr auch David DJ Guetta, der für seinen EM-Grölsong von uns nicht den Orden Pour le Mérite kriegt. Auch Reinhard Grindel steht nicht auf unserer Liste der zu Preisenden, der neue DFB-Präsident hat uns mit seiner alten Bräsigkeit im Turnierverlauf erwartbar nicht überzeugt. Den diesjährigen Fußballverdienstorden schieben wir Frankreich zu, nicht für seine teils nervös und dilettantisch agierende Polizei, nicht für die Wucherbierpreise, nicht für desinteressierte Rugby- und Tour- de-France-Fans, und es gibt auch keinen Fußballverdienstorden für jene Pseudo-EM-Fans, die erst kurz vor Torschluss auf den blau-weiß-roten Autokorso aufgesprungen sind.
Nein, den Orden Pour le Mérite hat die Mannschaft, l‘Équipe, verdient. Weil sie sich nicht übel in die Stutzen gelegt hat, ihren Landsleuten „Freude zu bereiten“, wie es Publikumsliebling Griezmann so herzensgut formuliert hat. Ja, es stimmt, es fehlte manchmal und nicht nur am Sonntag „die Frische“, so Trainer Deschamps, es fehlte auch an Chuzpe und dem ganz großen fußballerischen Format. Und dennoch: Was waren wir nach dem deutschen Aus froh, endlich für Frankreich sein zu dürfen, weil sie es eben doch hingekriegt hatten, wieder eine Mannschaft zu sein, weil Deschamps so herrlich schlechte Zähne hat und Giroud eigentlich der bessere Isländer ist. Alles keine Argumente, nur so eine Herzensangelegenheit, ein coup de coeur. Mach’s gut, Frankreich!
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