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„Sie haben ihre Gegner an die Wand gespielt“

Treinador Roberto Pinto spielte für den VfB Stuttgart in der Bundesliga und für Portugals U21-Auswahl. Die Seleção sei gegen Wales favorisiert, sagt er

Interview Kersten Augustin

taz: Herr Pinto, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch! Sie sind gerade als U23-Trainer von Astoria Walldorf in die Oberliga Baden-Württemberg aufgestiegen.

Roberto Pinto: Danke!

Woran lag’s?

Wir haben eine sehr junge Mannschaft hier in Walldorf, wir übernehmen jedes Jahr sieben bis zehn Spieler aus der eigenen U19, das ist hier die Philosophie. Die Durchlässigkeit ist sehr hoch. Wir haben uns im Team eine Spielphilosophie überlegt, die uns sehr gut schmeckt.

Sie sind als Kind portugiesischer Eltern in Stuttgart geboren und kennen sowohl den portugiesischen als auch den deutschen Fußball. Was sind die Unterschiede?

Sie werden geringer. Beide Mannschaften sind geprägt vom Passspiel und von taktischer Disziplin, deswegen sind sie so weit gekommen. Die Portugiesen haben in den letzten Jahren sehr schönen Fußball gespielt, gerade sind sie etwas davon abgekommen. Aber sie stehen verdient im Halbfinale.

Der Fußball, den die Portugiesen gezeigt haben, war wirklich nicht schön. Sie stehen ohne einen einzigen Sieg im Halbfinale. Viele gönnen das den Portugiesen nicht.

Ja, die Kommentare habe ich wahrgenommen. Aber ich sehe das anders. Sie haben ihre Gegner in der Vorrunde an die Wand gespielt. Im Achtelfinale gegen Kroatien haben sie dann die Taktik umgestellt, und das war erfolgreich. Der Trainer hat ja auch gesagt: Wir sind hier, um zu gewinnen, nicht, um schönen Fußball zu spielen. Der Erfolg gibt ihnen recht, der Weg ist nicht mehr lang.

Warum hat der portugiesische Fußball in Deutschland so ein schlechtes Image?

Ich verstehe das nicht. Portugal ist bei den letzten sechs Turnieren immer ins Halb- oder Viertelfinale gekommen. Aber es wird immer nur über Ronaldo gesprochen. Sie haben super Spieler, Sanches zum Beispiel. Ich weiß nicht, warum der Fußball nicht gut ankommt. Aber das macht nichts. Nur der Titel fehlt ihnen noch.

Wenn es um Fußball in Portugal geht, reden alle nur von Ronaldo. Ist er der Grund, warum portugiesischer Fußball hierzulande nicht so beliebt ist?

Sein Auftreten kommt bei den Deutschen nicht gut an. Aber mir gefällt das: Wenn man deutsche Spieler in Interviews hört, kommt bei jedem das Gleiche raus. Ronaldo lässt sich nicht verbiegen. Zu Recht! Als Weltfußballer kann man sich das erlauben.

Warum versagen portugiesische Mannschaften so oft, wenn es drauf ankommt?

Puh, das ist schwer zu sagen. Das sind K.-o.-Spiele, da kommt es auf Kleinigkeiten an. Vor vier Jahren war es ein Elfmeterschießen gegen Spanien, vorher war es gegen Frankreich ganz knapp. Aber ich verstehe nicht, dass Portugal nie genannt wird, wenn es um Favoriten geht. Mit Ronaldo und Pepe haben sie zwei Champions-League-Sieger.

Könnte es diesmal klappen?

Die Chancen stehen gut. Gegen Wales sind sie der Favorit.

Was tippen Sie fürs Halbfinale?

2:0 für Portugal.

Wenn Portugal gegen Deutschland im Finale steht, für wen sind Sie dann?

Mein Herz schlägt noch ein bisschen mehr für Portugal, ich habe einen portugiesischen Pass und Familie dort.

Wenn man Ihnen zuhört, sind Sie aber nicht nur Portugiese, sondern auch Schwabe.

Ja, ich habe mir das ein bisschen abgewöhnt, als ich 2001 zu Hertha gegangen bin, aber ganz kriegt man das nicht raus. Soll auch nicht.

Roberto Pinto

1978 in Stuttgart geboren. Von 1998 bis 2001 spielte Pinto für den VfB Stuttgart insgesamt 52-mal in der Bundesliga. Pinto spielte auch für die portugiesische U21-Nationalmannschaft. Heute ist er Trainer bei Astoria Walldorf in Baden-Württemberg.

Sie haben als junger Spieler auch für Portugal gespielt.

Als ich beim VfB Stuttgart gespielt habe, war ich auch in der U21. Ricardo Carvalho war damals mein Zimmerkollege. Jetzt spielt er immer noch bei der EM, mit stolzen 38 Jahren.

Haben Sie noch Kontakt zu ihm?

Ja, ich habe ihm gratuliert zum Einzug ins Halbfinale. Das ist jetzt sein letztes Turnier. Danach wird er seine Karriere beenden.

1998 sind Sie aus der Jugendmannschaft des VfB in die Profimannschaft aufgestiegen. Trainer war dort gerade ein gewisser Joachim Löw.

Bei ihm habe ich ein paar mal mittrainiert, aber da war ich noch in der Jugendmannschaft. Er war ein guter Trainer mit einer klaren Linie, ein angenehmer Zeitgenosse. Im Sommer 1998 ist er dann aber gegangen.

Sie haben über 120 Bundesligaspiele gemacht, bei Stuttgart, Berlin und Bielefeld. Was war der Höhepunkt?

Bei Hertha haben wir zweimal den Ligapokal gewonnen. Das war eine tolle Zeit. Aber die letzten drei Jahre waren auch nicht so schlecht, der Aufstieg mit Astoria in die Regionalliga, jetzt der Aufstieg als Trainer.

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