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Nicht dabei sein ist alles

Golf Heute beginnen die British Open, das älteste Golfevent der Welt. Alle reden über das anstehende Olympiaturnier, das wegen vieler Absagen zur Farce zu werden droht

Von Bernd Müllender

Was hatte man gejubelt, als Golf nach 112 Jahren wieder olympisch wurde. Was hat man ein Geld verbuddelt für einen Platz im Nichtgolfland Brasilien, mindestens 20 Millionen Euro teuer, gegen wütende Proteste von Naturschützern. Und jetzt? Will kaum wer hin.

Ausgerechnet die Topstars sagten einer nach dem anderen ab: Erst Rory McIlroy, dann der Weltranglistenerste Jason Day, Adam Scott, der Ire Shane Lowry (2. der U.S. Open), der Japaner Hideki Matsuyama, dazu Marc Leishman, Vijay Singh, Graeme McDowell, Camilo Villegas, gestern noch Francesco Molinari. Südafrikas Top 3 mit Charles Schwartzel, Branden Grace und Louis Oosthuizen werden komplett fehlen. Alle geben als Grund an: Angst vor dem Zika-Virus.

Am Freitag war U.S.-Open-Champ Dustin Johnson von der Fahne gegangen: „Als Sportler kann es für mich keine größere Ehre geben, als die USA bei den Olympischen Spielen zu vertreten.“ Aber: das Virus. Also Absage. Am Montag desertierte auch US-Star Jordan Spieth nach der angeblich „schwersten Entscheidung meines Lebens“. Somit wird mehr als die Hälfte der Top-20-Spieler fehlen, darunter die ersten vier der Weltrangliste. Ein sportpolitisches Desaster.

Planen die Golfsportler alle, schwanger zu werden? Nein, aber die Partnerin womöglich, sagen sie. Das Risiko sei zu hoch. Dennoch liegt der Verdacht nahe, dass das Zika-Virus nur vorgeschoben ist. Aus anderen Disziplinen ist keine Absagen-Epidemie bekannt. Und im Golf sind es bis auf die Südafrikanerin Lee-Anne Pace nur Männer, die „aus gesundheitlichen Gründen“ abgesagt haben.

Einzig der Australier Adam Scott deutete die wahren Gründe an: Südamerika ist weit weg, die Reisestrapazen hoch für eine Woche, Rio bringe die lukrative Turnierroutine durcheinander. IOC-Präsident Thomas Bach sagt bestürzt, all die Absagen trügen „nicht zur Attraktivität des Golfturniers bei“. Schon mutmaßt die BBC, Golf könne für 2020 in Tokio aus dem Programm gekegelt werden, noch bevor in Rio am 11. 8. die oder der Erste am Abschlag steht.

Zu den 60 Olympiagolfern, qualifiziert über ein hoch komplexes Verfahren, zählen jetzt der Philippino Angelo Que, der Chilene Felipe Aguilar oder der Norweger Espen Kofstad. Für Deutschland werden Martin Kaymer und Alex Cejka („eine Ehre“) dabei sein. Bei den Frauen schlagen Sandra Gal („die Begeisterung ist riesig“) und Caroline Masson („Höhepunkt meiner bisherigen Karriere“) ab. Sie sind zwei der vielen Gewinnerinnen der Länderregel: Maximal vier Aktive aus jedem Land. Allein 21 Koreanerinnen verpassen so das Turnier.

Ab heute spielen die Männer im Royal Troon Golfclub südwestlich von Glasgow die British Open um die hässliche Weinkaraffe Claret Jug und 900.000 Pfund Siegprämie. Größer könnte der Kontrast nicht sein: Hier das älteste Golfturnier der Welt, zum 145. Mal seit 1860 ausgetragen, dort die Debatte um olympische Ehren. Favoriten beim dritten Major 2016 sind lauter angehende Nicht­olympioniken wie Spieth, Day, McIlroy, Scott oder US-Vorjahressieger Zach Johnson. Der Titelverteidiger fragte sogar laut, ob Golf angesichts der Absagenflut „überhaupt seinen Platz bei Olympia haben sollte“.

Die Absagen tragen nicht zur Attraktivität des Golfturniers bei

Rory McIlroy setzte noch einen drauf. Der Nordire merkte am Dienstag in Troon spitz an, natürlich werde er Olympia im Fernsehen gucken, Leichtathletik und Schwimmen, „all die wichtigen Disziplinen“. Und Golf, sein Sport? Nö, werde er eher nicht verfolgen. Der englische Independent kommentierte: „Der Schock für die Golfwelt hätte kaum größer sein können, wenn McIlroy auf den Tisch gesprungen wäre und auf eine Basstrommel geschlagen hätte.“

Ganz anders Martin Kaymer, der in Troon mit Verweigerer Dustin Johnson in einer Gruppe spielt: Er erzählt seit Jahren, wie fasziniert er von Olympia ist. Zika? Beeinflusse seine Pläne nicht.

Ein banales Major-Turnier, rechnet Kaymer, könne man „viermal im Jahr gewinnen, eine Olympiamedaille aber nur einmal alle vier Jahre“. Im Olympiadorf wohnen, Gold gewinnen, alles sei „ein Traum“. Damit ist Royal Troon für ihn nur ein lukratives Aufwärmturnier.

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