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Knesset verabschiedet umstrittenes Gesetz

ISRAEL Die neue Regelung verpflichtet regierungskritische NGOs zur Offenlegung ihrer Finanzen

AUS JERUSALEM Susanne Knaul

Ungeachtet der Kritik im In- und Ausland will Israel regierungskritische Organisationen schärfer unter die Lupe nehmen. Mit 57 zu 48 Stimmen votierten die Abgeordneten der Knesset am späten Montagabend in letzter Lesung für das „Transparenz-Gesetz“. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) werden damit ab Januar verpflichtet, auf ihren Briefbögen, Rechnungen sowie bei offiziellen Anlässen anzugeben, ob sie mehr als die Hälfte ihres Budgets aus Spenden ausländischer Regierungsinstitutionen decken.

In der Praxis betrifft das Gesetz fast nur linke Organisationen. 25 von 27 NGOs, die über 50 Prozent ihrer Gelder von ausländischen Regierungen beziehen, setzen sich für die Einhaltung der Menschenrechte ein. Rechte NGOs werden eher von privaten Spendern gefördert.

Das Gesetz reiht sich in eine Serie von Reformen und Kampagnen gegen Organisationen ein, die für das Ende der israelischen Besatzung in den Palästinensergebieten eintreten. Die Reform sei „mehr als alles andere eine Indikation für den aufkommenden Faschismus, der sich in die israelische Gesellschaft einschleicht“, kommentierte Oppositionsführer Izchak Herzog (Zionistisches Lager).

Der Diskurs bewegt sich zunehmend nach rechts. Besatzungsgegner, die einst den Mainstream ausmachten, werden heute fast automatisch dem linksextremen Lager zugerechnet. Mosche Jaalon und Ehud Barak, beide frühere Generalstabschefs und Verteidigungsminister, sprachen jüngst auf einer Konferenz über den zunehmenden Einfluss „extrem ideologisierter“ Strömungen, so ­Jaalon. Barak warnte gar vor einer „Erosion der Demokratie“ und meinte, „Funken von Faschismus“ zu erkennen.

Die Liste der betroffenen NGOs umfasst das Öffentliche Komitee gegen Folter, die Koalition der Frauen für den Frieden, das Informationszentrum für Menschenrechte Betselem und die ehemaligen Soldaten von Das Schweigen brechen. Umgerechnet knapp 7.000 Euro Bußgeld droht den Organisationen, sollten sie den neuen Regeln nicht folgen. Allerdings veröffentlichen die NGOs ihre Bücher ohnehin für jeden einsehbar im Internet.

Federführend bei der Rechtsreform war Justizministerin Ajelet Schaked von der Siedlerpartei Das jüdische Haus. Sie sprach in der Knesset-Debatte von „nationalem Stolz“, der ausländisches Diktat nicht erlaube. „Bis heute haben wir unseren Kopf gesenkt, aber das tun wir nicht länger“, meinte Schaked und führte stolz hinzu: „Ich bin eine Ministerin mit Ideologie.“

Peace Now will vor das oberste Gericht ziehen

Der sozialdemokratische Abgeordnete Nachman Schai (Zionistische Union) kommentierte die Abstimmung desillusioniert: „Dafür werden noch viele Generationen einen Preis zahlen müssen.“ Im Ausland äußerten gerade proisraelische Politiker Bedenken. Volker Beck von den Grünen erklärte mit Blick auf ähnliche Regelungen in Russland, das israelische Gesetz atme „Putin’schen Geist“. Die parteinahe Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv fördert mehrere der von der Reform betroffenen NGOs.

Die Friedensbewegung Peace Now, die selbst nicht von der Reform betroffen ist, will vor den obersten Gerichtshof ziehen. Peace Now verurteilte die „eklatante Verletzung der freien Meinungsäußerung“, mit der die Regierung darauf abziele, „den öffentlichen Diskurs von der Besatzung abzulenken und Kritiker zum Schweigen zu bringen“.

Meinung + Diskussion SEITE 12

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