Waldorf-Schulversuch geplatzt

Bildung Waldorf-Initiative beendet ihre Mitarbeit an einer staatlichen Grundschule in Hamburg. Der bundesweit erste Versuch dieser Art war von Beginn an umstritten

Unterschiedliche Konzepte: ein Schüler an einer Waldorfschule beim Malen Foto: Walter G. Allgöwer/Joker

Aus Hamburg Kaija Kutter

Der bundesweit erste Versuch einer staatlichen Waldorfschule ist nach nur zwei Jahren gescheitert. Mit Beginn der Sommerferien zieht sich der Hamburger „Verein für interkulturelle Waldorfpädagogik“ als Partner aus der Ganztagsschule Fährstraße in Hamburg-Wilhelmsburg zurück. Und damit nicht genug: Der „Bund der freien Waldorfschulen“ untersagt der Schule, die Bezeichnung Waldorf weiterhin zu benutzen.

Die Idee, „Das beste aus zwei Welten“ aus Staatsschule und Waldorfpädagogik zu vereinen, kam 2014 zustande: Als Eltern im lange als „Brennpunkt“ wahrgenommenen Stadtteil eine Freie Waldorfschule gründen wollten, sah der damalige Landesschulrat Norbert Rosenboom die Gefahr einer sozialen Spaltung. Er schlug der „Initiative für Interkulturelle Waldorfpädagogik“ deshalb vor, etwas Gemeinsames zu versuchen – unter dem Dach einer staatlichen Schule.

Das war bundesweit einmalig und bei Waldorf-Befürwortern, aber auch bei Gegnern dieser anthroposophisch grundierten Reformpädagogik auf Kritik. Was geht und was nicht, wurde in einem Vertrag geregelt. Doch die Akteure auf Seite der Hamburger Behörde wechselten. Als Rosenboom ein Jahr drauf in Pension ging und Schulaufsichtsbeamte wechselten, standen die Nachfolger wohl nicht mehr so dahinter.

Nun gibt es in dem 35-köpfigen Kollegium neun Lehrer mit Waldorfqualifikation, und die Kinder der ersten und zweiten Klassen lernen nach Waldorf-Art statt täglich wechselnder Fächer drei Wochen lang beispielsweise nur Mathematik, dann drei Wochen lang Deutsch, Formen, Zeichnen oder Sachunterricht. Dass diese täglichen zwei Stunden, die mit Liedern und Gedichten beginnen, stets ein Waldorflehrer unterrichtet, war dem Verein bei den Verhandlungen mit der Behörde sehr wichtig. Doch in der Praxis sei dies nicht durchgehend umgesetzt worden. Zur versprochenen „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ sei es nicht gekommen, kritisiert Vereinssprecher Oliver Domzalski. Der neue, im Mai 2015 eingesetzte Schulleiter habe mit Waldorf-Pädagogik „nichts anfangen können“, sagt Domzalski. „Uns war nicht klar, wie sehr die Sache mit dem Schulleiter steht und fällt“. Auch seien die Waldorf-Kollegen die starke Hierarchie einer Staatsschule nicht gewohnt.

Die Hamburger Schulbehörde will den Versuch jetzt allein weiterführen

Von den zugesagten „waldorfpädagogischen Elementen“ seien nur wenige ins Schulleben eingeflossen, kritisiert auch Henning Kullak-Ublick vom „Bund der freien Waldorfschulen“. Bereits im Dezember und Februar schrieb Kullak-Ublick Briefe an Rosenbooms Nach­folger. Doch zu einem Gespräch kam es nicht, der zweite Brief blieb gar ohne Antwort.

Die Schule selbst äußert sich nicht, sondern verweist an die Schulbehörde. „Wir bedauern, dass der Verein sich zurückziehen will“, sagt deren Sprecher Peter Albrecht. Da es sich um eine staatliche Schule handle, seien Schulgesetz und Prüfungsordnung „nicht verhandelbar“. Warum der Briefe des Verbands nicht beantworte wurde, konnte der Sprecher am Freitag nicht klären.

Es werde sich für Schüler, Lehrer und Eltern „nicht Wesentliches ändern“, sagt Albrecht. Auch personell gebe es keine Änderung. Die Hamburger Schulbehörde will den auf acht Jahre angelegten Schulversuch alleine fortführen – ohne den Namen „Waldorf“ zu verwenden.