: „In vollem Umfang bekannt“
DOKUMENTE DER VERNICHTUNG 4 „Unternehmen Barbarossa“ – am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Dem Vernichtungskrieg des Naziregimes im Osten fielen zwischen 25 und 40 Millionen Sowjetbürger zum Opfer
Der Wehrmachtsoffizier Rudolf-Christoph von Gersdorff berichtet am 9. Dezember 1941 über Kritik von Offizieren der 4. Armee an den Judenerschießungen. Gersdorff wusste seit Mitte Juli 1941 detailliert über die Massenmorde an jüdischen Männern und Kriegsgefangenen Bescheid. Er protestiert vergeblich dagegen. 1943 misslang sein Versuch, Hitler mit einer Splittermine zu töten:
Bei allen längeren Gesprächen mit Offizieren wurde ich, ohne darauf hingedeutet zu haben, nach den Judenerschießungen gefragt. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Erschießungen der Juden, der Gefangenen und auch der Kommissare fast allgemein im Offizierkorps abgelehnt wird, die Erschießung der Kommissare vor allem auch deswegen, weil dadurch der Feindwiderstand besonders gestärkt wird. Die Erschießungen werden als eine Verletzung der Ehre der deutschen Armee, in Sonderheit des deutschen Offizierkorps betrachtet. Je nach Temperament und Veranlagung der Betreffenden wurde in mehr oder weniger starker Form die Frage der Verantwortung hierfür zur Sprache gebracht. Es ist hierzu festzustellen, dass die vorhandenen Tatsachen in vollem Umfang bekannt geworden sind und dass im Offizierkorps der Front weit mehr darüber gesprochen wird, als anzunehmen war.
Aus: „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Band 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten“. Dokument 128, Oldenbourg Verlag, München 2011
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