Rave-Parade statt AfD-Gelaber

Demonstration Der „Zug der Liebe“ soll im Juli durch die Stadt ziehen. Um nicht wieder auf den Kosten sitzen zu bleiben, sammeln die Veranstalter jetzt per Crowdfunding

Spaß mit politischer Botschaft? Der „Zug der Liebe“ im letzten Jahr Foto: Fritz Engel

von Andreas Hartmann

Ausgelassen tanzende Menschen, die zu Bumm-Bumm-Techno hinter ein paar Wagen durch die Stadt ziehen, das war die Loveparade. Nach der Katastrophe von Duisburg, bei der mehrere Menschen nach einer Massenpanik starben, schien das Konzept der Raver-Umzüge auf dem Scherbenhaufen der Geschichte gelandet zu sein. Bis im letzten Jahr der „Zug der Liebe“ zum Tanz durch Berlin rief und immerhin 50.000 Raver quer durch die Stadt, von Friedrichshain über den Alexanderplatz bis kurz vor den Treptower Park, strömten. Nun laufen die Planungen für eine Neuauflage.

Beim Debüt vor einem Jahr war die Stimmung gut, alles verlief weitgehend friedlich und vor allem sicher. Die Organisatoren waren mit der Veranstaltung so zufrieden wie die Polizei. Jens Schwan, einer der beiden Gründer des „Zugs der Liebe“ und dessen Pressesprecher, war sich nach seiner Raver-Parade im letzten Jahr dennoch sicher: „Das tue ich mir nicht noch einmal an.“ Mit einem fünfstelligen Minusbetrag seien er und sein Co-Veranstalter aus der Sache rausgegangen und Ähnliches wollten sie sich kein zweites Mal erlauben.

Nun soll der „Zug der Liebe“ aber doch wieder stattfinden. 15 Wagen werden voraussichtlich am 30. Juli auf einer verkürzten Strecke vom Alexanderplatz in Richtung Treptower Park rollen. Und Jens Schwan ist zuversichtlich, dass den fahrenden DJs durchaus doppelt so viele Teilnehmer hinterhertanzen werden wie im letzten Jahr.

Die Loveparade galt irgendwann nur noch als inhaltsleeres Kommerz-Spektakel. Um sich davon komplett zu distanzieren, aber auch um den Demonstrationsstatus zu erhalten, hat sich der „Zug der Liebe“ schon im letzten Jahr auf die Fahnen geschrieben: Keine Werbebanner bei der Veranstaltung, keine Sponsoren, kein Getränkeverkauf.

Kosten für Gema-Gebühren, Versicherungen und Ähnliches werden jedoch auch in diesem Jahr wieder anfallen. Das nötige Geld dafür sammeln die Veranstalter nun mit einer Crowdfunding-Kampagne. Und falls das nicht reicht? Dann will Jens Schwan doch wieder in seinen eigenen Geldbeutel schauen, ob er die Differenz begleichen kann. Man darf also davon ausgehen: Der „Zug der Liebe“ 2016 wird stattfinden.

Botschaft für Verstrahlte

... beim Crowdfunding: 15.000 Euro wollen die Veranstalter mindestens sammeln, um die Kosten zu decken. Rund 5.000 sind es bislang, bis 30. 6. ist Zeit. Infos: zugderliebe.org.

... beim Demonstrieren: Wer eine ausreichend ernsthafte politische Botschaft an Bord hat, darf mit eigenem Paradewagen anrollen. Infos zur Anmeldung siehe Website.

Wie schon im letzten Jahr soll es bei der Parade wieder dezidiert um mehr gehen als bloß um „Friede, Freude, Eierkuchen“. Wer beim „Zug der Liebe“ mitzieht, tanzt gemäß den Slogans der Veranstalter auch „für ein tolerantes Zusammenleben ohne Rassismus und Rechtsextremismus“, außerdem „für eine menschliche Lösung der europaweiten Flüchtlingsproblematik“ und „für eine offene Gesellschaft ohne Armut und Diskriminierung“.

Es gehe ihm nicht zuletzt darum, gegen all das Stellung zu beziehen, für das die AfD heute stehe, betont Jens Schwan. AfD und Pegida hätten das politische Klima vergiftet, dagegen gelte es ein Zeichen zu setzen, so das erklärte Ziel des Demonstrationszugs.

Anders als beim Debüt des „Zug der Liebe“ sollen die Redner diverser NGOs, Clubs und Partykollektive vor dem Umzug mehr Zeit bekommen, ihre Botschaften zu verkünden, und die Wagen mit den Rednern sollen besser positioniert werden. Damit, so Schwan, auch der verstrahlteste Raver mitbekomme, warum er auf der Straße tanzt.