: Tickende Zeitbomben in Bremen
Bedrohung Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2015 warnt der Innensenator vor gewaltbereiten Rechtsextremen, Salafisten – und Linken
Innensenator Ulrich Mäurer
26 Erwachsene und Jugendliche aus dem Umfeld der salafistischen Szene in Bremen sind seit Anfang 2014 in Richtung Irak oder Syrien ausgereist, um sich der Terrormiliz „Islamischer Staat“ anzuschließen. Dies sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Montag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2015.
Fünf von ihnen seien bei Kampfhandlungen mutmaßlich getötet worden, ein Drittel der Ausgereisten sei wieder zurückgekehrt. Allerdings wisse man nicht, ob sie genug vom Kampf hätten oder ob sie „tickende Zeitbomben“ seien, warnte Mäurer. Bremen versuche, Personen an der Ausreise zu hindern, sobald entsprechende Informationen vorlägen.
In 20 Fällen seien ausreiseverhindernde Maßnahmen getroffen worden, was meist zum Passentzug führe, sagte der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Joachim von Wachter. Im Gegensatz zum Bundestrend blieb die Zahl der Salafisten in Bremen unverändert. Dort werden der islamistischen Bewegung 360 SympathisantInnen und Mitglieder zugerechnet. „Diese Zahl ist seit dem Jahr 2013 praktisch konstant“, sagte Mäurer. “Wir führen das auf die Beratungsstelle Kitab und die Präventionsarbeit des Landesamtes zurück.“ Gleichwohl sei die Salafisten-Szene in Bremen im Vergleich mit Hamburg oder Berlin sehr hoch.
Von Wachter nannte als weiteren Schwerpunkt der Verfassungsschutzarbeit den Rechtsextremismus. Bundesweit habe es 2015 eine Verfünffachung der gewaltsamen Übergriffe auf Flüchtlingsheime und Moscheen gegeben. „Das gibt es so in Bremen nicht“, erklärte von Wachter. Allerdings sei im Internet eine Zunahme an rechtsextremistischer Agitation festzustellen, unter Beteiligung von Bremer Rechtsextremisten. In der Szene gebe es ein hohes Gewaltpotenzial.
„Diese Entwicklung stellt eine Bedrohung unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts dar“, sagte Mäurer. Als Nährboden für den Rechtsextremismus bezeichnete er den Rechtspopulismus. Der Verfassungsschutz prüfe fortlaufend, ob rechtspopulistische Vereine und Organisationen die Grenze zum Rechtsextremismus überschritten. Mäurer: „Ausländerfeindliche Agitation ist widerlich, aber sie allein erfüllt noch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz.“ Dies sei erst gegeben, wenn eine Organisation zu Straftaten aufrufe oder die Staatsordnung abschaffen wolle.
In Bremen gebe es rund 30 NPD-AnhängerInnen sowie 30 Personen aus der neonazistischen und 60 Personen aus der subkulturellen Szene wie Hooligans und Bands.
Gewaltorientierte LinksextremistInnen gebe es in Bremen etwa 200, sagte von Wachter. Diese müssten von seiner Behörde im Auge behalten werden. (dpa/taz)
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen