Galerien: Der ganze Garten der Künste
Hamburger Kunsträume
von Hajo Schiff
Jeder weiß, was eine Galerie ist. Aber was ist eine Galerie? Ein Teppich, der eher lang ist als breit? Ein Verbindungsgang zwischen zwei Architekturkörpern? Ein Einkaufszentrum? Oder doch was mit Kunst? Seit in der Renaissance die Fürsten ihre langen Flure und säulengeschmückten Passagen erst mit Fresken, dann mit Bildern bestückten, wurde das architekturbezogene italienische Wort „galleria“ synonym mit einem Ort, an dem Kunst zu sehen ist. Von Verkaufen keine Rede.
Das ist auch heute noch manchmal so: gute Räume, schöne Ausstellung, passable Öffnungszeiten – aber kein Kunde weit und breit. Manchen Off-Galerien ist das sogar ganz recht. Sie finden in schöner protestantischer Ernsthaftigkeit sowieso, ihr Ort solle doch bitteschön dem Diskurs dienen und nicht dem Markt. Meist ändert sich das mit den Jahren. So ist die Hamburger „Produzentengalerie“ eine der großen Hamburger Akteure auf dem Kunstmarkt.
Aber auch der Begriff führt kaum weiter. Schaut man auf die Galerien in Altona oder am Hafenrand einerseits und auf die großen Auktionen und Messen wie die bald beginnende „Art Basel“ andererseits, bietet sich weniger das Bild einer Leiter zum ökonomischen Aufstieg von Astra zu Champagner, von der Bilderrahmenhandlung zum weltweiten Player als das Bild zweier unverbundener, gänzlich anderer Welten. Fast scheint es, als sei der Kauf von teurer Kunst als ein definitiver Akt sogar ein Widerspruch zur permanenten Auseinandersetzung mit der Kunst.
Aber das wäre nun doch zu radikal und entzöge gerade den hoch engagierten Akteuren in Produktion und Öffentlichkeitsarbeit den Boden unter den Füßen. Denn das Modellpaar aktiver Künstler und gut vernetzter Vermittler und Verkäufer ist – auch in seinen zahlreichen Mischformen – doch ein Erfolgsmodell. Vielleicht ist es hoffnungslos gestrig, sich mehr Klarheit zu wünschen, wenn Off-Kunst in einer Werbeagentur feiert, Sprayer megateure Turnschuhe gestalten und messeerfahrene Galeristen in Off-Räumen präsentieren.
Zwölf Galerien aus dem ganzen möglichen Spektrum, von eher sozial orientierten wie die Galerie der Schlumper und die Galerie der Villa über gezielt Nachwuchs Fördernde wie Feinkunst Krüger bis zu einigermaßen Arrivierten wie Galerie Herold präsentieren sich jetzt in der immerhin über 1.000 Quadratmeter großen „Affenfaust“ in St. Pauli (Paul-Roosen-Straße 43). Die zusammen 142 Jahre Galerie-Erfahrung repräsentierende Gruppenausstellung eröffnet heute, am Samstag, von 20 bis 24 Uhr und zeigt von Street-Art-Künstlern der hiesigen Szene bis zum theatralisch das Geniale verkörpernden Malerstar Markus Lüpertz den ganzen Garten der Künste. Fragen Sie ruhig nach den jeweiligen Konzepten!
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