: Schlacht der Emotionen
DFB Pokal II Nach der Finalniederlage gegen den FC Bayern lässt Dortmunds Trainer Thomas Tuchel seinem Zorn freien Lauf. Er ärgert sich über sich selbst und über Mats Hummels’ Vorstellung
Kein Dortmunder gönnte den Bayern diesen Sieg, der nicht unverdient war, der sich andererseits jedoch als neues Kapitel der Geschichte der Ungerechtigkeiten lesen lässt, zu der die Serie der jüngsten Finalpartien zwischen den Bayern und den Dortmundern sich entwickelt hat. Marcel Schmelzer erzählte später, dass ein Handgemenge aus der 43. Minute, in dessen Verlauf Münchens Frank Ribéry dem Dortmunder Gonzalo Castro kräftig ins Gesicht gelangt hatte, die Nachbetrachtungsdebatten in der Kabine bestimmten. „Wenn in der ersten Halbzeit eine Tätlichkeit passiert und die nicht geahndet wird, dann ist das Spiel entscheidend“, schimpfte Schmelzer.
Niemand sprach von Trauer, stattdessen färbten Ärger und auch eine Portion Verbitterung die Worte der Verlierer. Trainer Thomas Tuchel überschüttete während die Siegerehrung immer neue Leute aus seinem Stab mit heftigen Wuttiraden. Was genau ihn derart in Rage brachte, verriet er später nicht, aber als er auf den Abend seines Kapitäns angesprochen wurde, war die Enttäuschung hinter seinen dürren Sätzen über Hummels nicht zu überhören.
Der Nationalspieler lag schon nach 72 Minuten mit Krämpfen auf dem Boden, fünf Minuten danach wurde er ausgewechselt. Auf die Frage nach der Leistung des Anführers, der seine letzte Partie für den BVB absolvierte und künftig für die Bayern spielt, sagte der Trainer: „Er kann es besser“, und die Auswechslung sei nötig gewesen, weil Hummels „darum gebeten“ habe. Es ist schon seltsam, dass ein Spieler wie Mats Hummels, der wegen seiner Wechselpläne im Mittelpunkt des Geschehens stand, so früh Krämpfe bekommt und nicht mehr weitermachen kann.
Bei irgendeiner Bewegung sei es ihm „komplett in die Wade reingeschossen“, die „bei jeder Aktion wieder neu zugezogen“ sei. Später hatten fast alle mit Symptomen der Erschöpfung zu kämpfen. Dieses Spiel wurde zu einer Schlacht der Physis und der Emotionen.
Als das Elfmeterschießen anstand, gab es zunächst keine fünf Dortmunder, die schießen wollten, irgendwann meldeten sich dann die erschöpften Kämpfer Sven Bender und Sokratis, die beide scheiterten. „Ich habe das Gefühl, dass es meine Aufgabe gewesen wäre, andere in die Verantwortung zu nehmen und diese Verantwortung dann auch mitzutragen“, sagte Tuchel. Er dachte wohl an technisch starke Leute wie Mkhitaryan oder Julian Weigl. Wie schon beim Europa-League-Aus in Liverpool war zu sehen, dass der Trainer noch wenig erfahren ist im Umgang mit solchen großen Momenten einer Fußballsaison, die in ihrer Gesamtheit ein beeindruckender Erfolg bleibt. Daniel Theweleit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen